Flüchtlinge in Mögeldorf: Akzeptanz statt Panikmache

31.8.2016, 16:10 Uhr
Flüchtlinge in Mögeldorf: Akzeptanz statt Panikmache

© Sabine Göb

Ein freundlicher älterer Herr läuft über die Rettystraße und fragt nach, ob denn nicht die Mülltonnen ein wenig diskreter im Hof platziert wer­den könnten. Auf die Frage, wie er die jungen Asylbewerber so erlebe, lächelt er und meint: "Kaum Proble­me, ich finde, die Situation hat sich beruhigt, die meisten Nachbarn haben wenig Ärger." Manchmal sei es halt ein wenig laut.

Auch ein anderer Nachbar, der sei­nen Namen ebenfalls nicht in der Zei­tung lesen möchte, ist zufrieden mit der Kommunikation der Stadt und auch mit den täglichen Begegnungen. "Mir ist ganz wichtig, dass ich drüben aus dem Haus viel deutsch höre, das müssen die Jungs lernen." Von ande­ren Leuten aus der Nachbarschaft weiß er aber, dass es schon noch ein Kulturschock ist in der sonst so ruhi­gen Rettystraße. "Da sind einige schon noch immer ängstlich, vor allem, wenn sie wenig Kontakt haben." Ein Sichtschutz an der Gemeinschaftsunterkunft hat die Lage beruhigt, die direkten Nachbarn haben wieder mehr Privatsphäre und fühlen sich nicht mehr so beobachtet.

Einführung in den Berufsalltag

Kommunikation, und zwar auf Deutsch, das ist ein Ansatz, der auch von den pädagogischen Betreuern ver­folgt wird. Elisabeth Schallwik hat gerade Dienst, sie achtet darauf, dass jedes Gespräch so gut wie möglich in der neuen Sprache geführt wird. "Die meisten verstehen schon ganz gut, das funktioniert." Sie gibt nur im Notfall nach und dolmetscht mit türkischen Brocken. Derzeit sind die 18 Bewoh­ner in mehrwöchigen Berufspraktika, ihre Eignungen sollen dabei getestet werden. Für einige ist es schwer einzu­sehen, dass sie erst einmal drei Jahre Lehrzeit absolvieren sollen, bevor sie Geld verdienen – und ihre Familien daheim unterstützen können.

"Einige standen schon früh um sie­ben parat mit ihren Fahrrädern, sie freuen sich total drauf, dass es jetzt ans Arbeiten geht." Es gebe nach wie vor Anrufe und Beschwerden, vieles kann sie nachvollziehen, andere Din­ge muss sie erklären. "Eine helle Lam­pe hat gestört, da haben wir erklärt, dass das bei einer GU Vorschrift ist, genauso wie der Parkplatz davor sein muss." Auch Sozialamtsleiter Dieter Maly weiß davon: "Ich habe einige hartnäckige Beschwerdeführer, die es stört, wenn dort Handwerkerautos vor der Tür stehen. Aber das ist nicht repräsentativ."

Keine Feiern auf der Dachterasse

Durch die Praktika sind die Jungs beschäftigt und abends müde, derzeit gibt es kaum Stress mit Lärm. "Natürlich gab es anfangs Sorgen, vor allem wegen der möglichen Geräuschbelästigungen, Frank Schmidt, stellvertretender Leiter des Jugendamts, hält nichts von Beschöni­gungen. "Unsere Marschroute war von Beginn an, die Sorgen der Nach­barn sehr ernst zu nehmen und sofort darauf zu reagieren." So gibt es eine strenge Hausord­nung, die Dachterrasse ist für Feiern tabu, rund um die Uhr sorgt ein Secu­rity- Dienst dafür, dass keiner über die Stränge schlägt. Die Jungs, die ein­ziehen, müssen unterschreiben, dass sie Besuch anmelden, abends Ruhe ein­halten, sich an die Regeln halten. Die Stadt hält den Daumen drauf – was sich bei jeder Ansammlung von heran­wachsenden jungen Männern aus schwierigen Verhältnissen empfiehlt.

"Die Jungs kommen aus Syrien, Afghanistan, Eritrea, Iran oder Irak", zählt Schmidt auf. Etliche brechen nach ein paar Wochen in Sicherheit erst einmal zusammen, wenn die Anspannung der Flucht nachlässt. Und der nächste Knackpunkt ist oft die Erkenntnis, dass die Träume und Versprechen der Schlepper wenig mit der deutschen Realität zu tun haben. "Die Berührungsängste sind abge­baut", ist Schmidt erleichtert. "Es gibt jetzt eine direkte Kommunika­tion zwischen den Nachbarn und der Einrichtungsleitung, Nachbarn kom­men auch rein und schauen sich um, es besteht inzwischen so was wie wohl­wollendes Interesse." Das habe sich verändert. Und deshalb werden die zwei Müll­tonnen auch postwendend aus dem Blickfeld geschoben, kaum dass der Nachbar darum gebeten hat.

Wie ist ihr Blick auf die sogenannte "Flüchtlingskrise"? Bei unserem "Aktuellen Thema" wollen wir die Meinungen unserer User bündeln und auf mehreren Kanälen einholen. Meinungsbeiträge können Sie unter diesem Kommentar von Alexander Jungkunz, Chefredakteur der Nürnberger Nachrichten sowie per Mail an nn-leserbriefe@pressenetz.de (Stichwort: Flüchtlinge) schreiben

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