Franken-Tatort: Dreh am Hauptmarkt ohne Leiche

29.8.2014, 06:00 Uhr
Franken-Tatort: Dreh am Hauptmarkt ohne Leiche

© Eduard Weigert

Spätestens nach einer halben Stunde ist den meisten klar: Die Filmwelt ist gar nicht so aufregend, wie viele glauben, und besteht vor allem aus Warten und Wiederholen. Warten, bis alles aufgebaut ist, und immer wieder das Gleiche tun. So schiebt auch das Komparsen-Pärchen seinen Kinderwagen, inklusive Baby, x-mal über den Rathausplatz, während die Sonne gnadenlos herunterbrennt. Zwei Freundinnen laufen schnatternd über den Platz, während die Kamera die Schauspielerin mit dem Stangensellerie in einer der beiden Einkaufstaschen im Fokus hat.

Die wurden, wo sonst, zuvor auf dem Hauptmarkt gefüllt: Auch wenn die Marktszenerie eine andere als sonst ist. Für den Dreh wurden nach Angaben des städtischen Marktamtes die Stände in zwei Reihen nah beieinander aufgestellt — so, als ob auf dem Markt richtig viel los wäre. Im wahren Leben tut sich jenseits der Stände auf dem restlichen Platz gähnende Leere auf.

Die ganze Szenerie ist skurril. Während die Zaungäste aufgeregt die Köpfe zusammenstecken, so mancher den Kopf schüttelt über so viel Aufwand „wegen sieben Sekunden Szene“, bleiben die Leute am Set unbeirrt und lassen sich von dem Auflauf, den sie da in der Innenstadt verursachen, so gar nicht beeindrucken. Auch die amerikanischen Touristen, die an zwei Tischen im schönsten Schatten vorm nahen „Bratwursthäusle“ fränkische Köstlichkeiten genießen, bleiben cool und machen stattdessen ungestört Fotos für daheim. Vielleicht ja nach dem Motto: Nicht nur in den USA wird ständig irgendetwas gedreht, sondern offensichtlich auch im „lovely Nuremberg“.

Die stillen Beobachter auf dem Rathausplatz, die in ehrfürchtigem Abstand zum Produktionsteam stehen, haben da keine Chance. Sobald nur einer von ihnen das Handy oder die Kamera zückt, kommt jemand aus dem Tross und bittet darum, keine Fotos zu machen — freundlich, aber doch bestimmt. „Wir bitten um Diskretion, schließlich wird hier ja auch ein Krimi gedreht“, sagt eine nette Dame. Das ahnen die meisten ohnehin längst — auch wenn der Bayerische Rundfunk(BR) als federführender Sender ein großes Geheimnis um den Tatort „Der Himmel ist ein Platz auf Erden“ macht.

Schotten dicht

Um auch die bürokratischen Ausläufer des heiligen Drehs vor der Öffentlichkeit zu verbergen, hat auch die Stadtverwaltung die Schotten dichtgemacht. Das Liegenschaftsamt, zuständig für die Sondernutzung öffentlicher Flächen und sonst gar nicht zugeknöpft, verwies aufs Presseamt, welches schwieg und auf seine Internetseite verwies.

Dort erfuhr man freilich nichts zum Thema. Eine zweite Nachfrage führte dann zu einer vom BR engagierten Agentur, deren Vertreterin keine Infos herausgeben wollte. Man müsse „den Dreh schützen“, sagte sie und wollte nicht einmal namentlich genannt werden. Dass dem Filmteam exakt eine Sondergenehmigung fürs Parken am Fünferplatz und 14 Ausnahmegenehmigungen fürs Befahren der Fußgängerzone erteilt wurden, dieses hochbrisante Geheimnis verriet: Sör.

Also muss der VAG-Bus schon mal warten, um wieder über den Rathausplatz fahren zu dürfen. Doch allzu lange dauert es nicht. Nach ein paar Wiederholungen ist die Szene, in der eigentlich nichts passiert, abgesehen davon, dass eine Frau zwei Tüten mit Gemüse durch die Gegend trägt, im schwarzen Kasten.

Pech also für die Zaungäste, die auf Action, Spannung und vielleicht auf die beiden Hauptkommissare Wagner und Wiesner gehofft hatten. Zumindest eines steht schon mal fest: Auf dem Rathausplatz ist kein Mord geschehen — jedenfalls nicht am helllichten Tag. Und die Mordwaffe war sicher nicht fränkisches Gemüse vom Hauptmarkt — obwohl . . .

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