Fränkischer Polizeipräsident will Vorratsdatenspeicherung

22.2.2018, 17:25 Uhr
"Ich hätte gerne, dass die Vorratsdatenspeicherung wieder möglich wird", erklärt Polizeipräsident Rast.

© Felix Kästle (dpa) "Ich hätte gerne, dass die Vorratsdatenspeicherung wieder möglich wird", erklärt Polizeipräsident Rast.

Am Karsamstag des Jahres 2011 geschah in Nürnberg ein Verbrechen, das die Öffentlichkeit schockierte – und die Polizei in Atem hielt. Frühmorgens stand ein Mann vor dem Zeitschriftenladen von Frieda H. in der Rothenburger Straße in Nürnberg. Die 76-Jährige öffnete die Tür – ihrem späteren Mörder.

Johann Rast, Mittelfrankens Polizeipräsident, erinnert bei der Juristischen Gesellschaft an diesen aufsehenerregenden Fall, der seine Ermittler intensiv beschäftigte. Dass die Tat drei Wochen später aufgeklärt wurde, war professioneller Polizeiarbeit zu verdanken. Und moderner Technik.

Auswertung von Mobilfunkdaten

Entscheidend für den Ermittlungserfolg war damals die Auswertung von Mobilfunkdaten. Die Kripo hatte sich einen richterlichen Beschluss besorgt, um von den diversen Netzbetreibern die Handyverbindungen zu bekommen, die zur Tatzeit am Tatort und am Weißen Turm registriert worden waren. Am Weißen Turm deshalb, weil von einer dort gelegenen Telefonzelle am Tattag um 6.03 Uhr die Rettungsleitstelle angerufen worden war. "Hallo, guten Tag, Rothenburger Straße. Bei Lotto-Toto irgendwas passiert" – das hatte der anonyme Anrufer geschildert.

In beiden Funkzellen wurde das Telefon eines 29-Jährigen benutzt. Die Fahnder folgten der Spur, fanden bei ihm schließlich 130 Stangen Zigaretten, die, wie die Spurensicherung herausfand, aus dem Laden von Frieda H. stammten. Die Polizei war sich deshalb sicher, den Täter gefunden zu haben. Es handelte sich um einen Algerier, der 2002 als Asylbewerber nach Deutschland gekommen war. Sein Asylantrag war abgelehnt worden, er hatte aber eine Duldung. Im Februar 2013 wurde der Mann nach einem Indizienprozess zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Außerdem wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt, was die Haftzeit verlängert. Sein zur Tatzeit 16-jähriger Bruder wurde zu achteinhalb Jahren Jugendstrafe verurteilt.

Streitpunkt Vorratsdatenspeicherung

"Der Datenschutz nimmt überhand", findet der mittelfränkische Polizeipräsident Johann Rast.

"Der Datenschutz nimmt überhand", findet der mittelfränkische Polizeipräsident Johann Rast. © Horst Linke

"Ich hätte gerne, dass die Vorratsdatenspeicherung wieder möglich wird", erklärt Polizeipräsident Rast mit Verweis auf den schnellen Ermittlungserfolg im Fall Frieda H. Zwar hat der Bundestag im Oktober 2015 einem modifizierten Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Vorratsdatenspeicherung zugestimmt, doch das Oberverwaltungsgericht in Münster gab im Juni 2017 einem Eilantrag statt, wonach auch das modifizierte Gesetz unvereinbar mit europäischer Rechtsprechung sei. Daraufhin wurde die Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung außer Kraft gesetzt, bis das Hauptsacheverfahren entschieden ist. Rast spricht von einem "ewigen Zirkus" und erklärt, dass der Mord an Frieda H. ohne die Handydaten nicht so schnell hätte aufgeklärt werden können.

Daten bedeuten heute Wissen, das gilt auch für die Polizei. Rast nennt ein weiteres Beispiel. Seit es die Lkw-Maut gibt, werden die Daten der in Deutschland fahrenden Lkw von der Firma Toll Collect erfasst – "doch wir haben darauf keinen Zugriff, nicht einmal mit Gerichtsbeschluss", erklärt Rast. "Das halte ich eigentlich für einen Skandal!" Der Polizeipräsident gibt zu bedenken, dass mit Hilfe der Daten von Toll Collect Unfälle oder auch Fahrerfluchten nach Lkw-Unfällen schneller geklärt werden könnten. "Wir könnten es so einfach haben, wenn wir die Daten hätten."

In Mittelfranken lebt es sich sicher

Rast erklärt weiter, dass das Bundeskriminalamt (BKA) einen Data-Store einrichten will, um alle in Deutschland relevanten polizeilichen Datenbanken zu synchronisieren; doch auch das ist nicht so einfach. Wenn etwa Daten von einer zu einer anderen Datenbank umgewidmet werden, dann müsse dies datenschutzrechtlich geprüft werden. "Der Datenschutz nimmt überhand", findet Rast.

Trotzdem: In Mittelfranken lebt es sich relativ sicher, so Rast, wenn man die für die Polizeiarbeit üblichen Parameter bundesweit vergleicht. Auf 100.000 Einwohner kamen im Regierungsbezirk 2016 genau 5282 Straftaten, bundesweit waren es im Durchschnitt etwa 7200. Fürth war 2016 mit 4792 Straftaten pro 100.000 Einwohner die sicherste Großstadt in Bayern und damit auch in Deutschland. Die Zahlen für 2017 gibt es noch nicht – doch Rast ließ durchblicken, dass sie sich für den Großraum weiter verbessern könnten

Die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Justiz in Nürnberg bezeichnet Rast als gut, von der Politik fühle sich die Polizei in Bayern gut unterstützt. Wenn dies dazu führe, dass Straftäter um Bayern einen Bogen machen – was er von Kollegen aus anderen Bundesländern höre, so Rast –, "dann freut uns das".

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