Fundsachen der Bahn kamen in Nürnberg unter den Hammer

15.9.2014, 05:58 Uhr
250 Menschen kamen zur Versteigerung in den Festsaal des DB-Museums. Mitarbeiter des zentralen Fundbüros in Wuppertal priesen hier 170 Fundstücke aus dem gesamten Bundesgebiet an.

© Eduard Weigert 250 Menschen kamen zur Versteigerung in den Festsaal des DB-Museums. Mitarbeiter des zentralen Fundbüros in Wuppertal priesen hier 170 Fundstücke aus dem gesamten Bundesgebiet an.

Moritz hatte den Auftrag, den Koffer zu ersteigern. Das Gepäck ist das erste von rund 30 „Überraschungskoffern“, das bei der Fundsachen-Versteigerung im DB Museum einen neuen Eigentümer bekommt. Besser: Eigentümerin. Denn der 15-Jährige hob im Auftrag seiner Mutter den Arm zum Mietbieten. „Sie wollte den Koffer unbedingt haben“, sagt er. Bei 86 Euro war Ende. Mehr wollte von den rund 250 Auktionsbesuchern niemand bieten.

Doch was steckt eigentlich im Gepäckstück? Das ist ja der Clou: Das weiß niemand. Also zieht Moritz neugierig den Reißverschluss auf. Deckel hoch, und: eine Müsli-Schale, Hosen, Badeanzug, Schirm, Poker-Spiel, Kopfhörer, Rock, Mütze. Zufrieden? Der 15-Jährige zuckt mit den Achseln. „Mal schauen, was Mama sagt.“

Selbstverständlich haben DB-Mitarbeiter schon vorab in die Koffer geblickt, um böse Überraschungen auszuschließen. Auf Drogen und Waffen stoßen sie tatsächlich hin und wieder. Diese Funde werden allerdings der Polizei übergeben.

Nur saubere Ware

Im Festsaal des DB-Museums an der Lessingstraße steht und liegt nur saubere Ware. Hier können sich die potentiellen Bieter vorab ein Bild vom Zustand der Teile machen. Es gibt Gitarren, eine Geige, teure Smartphones, Tablets, Digitalkameras, Kleidungsstücke, Regenschirme, Tischtennisschläger, ein Fernrohr, eine Tasche voller Langspielplatten, ein Koffer voller Hörspielkassetten.

Aber auch kitschige Kunst: Jesus auf Leinwand mit glühendem Herzen in der Brust. Drumherum ein schwerer, goldfarbener Holzrahmen. Auktionator Walter Schreiner, die Frohnatur aus Düsseldorf, hätte es verstanden, wenn er darauf sitzen geblieben wäre. Aber die beiden Bilder dieser Kategorie gingen weg. Für 37 Euro. An einen Herren mit Nasen- und Ohrringen und schlabbriger Jeans. „Jetzt muss ich Sie mal was fragen: Warum haben Sie die Werke gekauft?“, fragt der Auktionator. Antwort: „Es gibt eine ganz Kneipe, die heißt ,Arsch & Friedrich‘. Da hängt ganz viel von dem Zeug. Der Betreiber hat morgen Geburtstag. Ich will es ihm schenken.“ Gelächter und Applaus aus dem Publikum.

170 Fundstücke karrten DB-Angestellte mit einem Lieferwagen von Wuppertal nach Nürnberg zur Versteigerung. 60 Mal im Jahr rücken die Servicekräfte aus und organisieren Auktionen in deutschen Städten wie diese. In Nürnberg waren sie bereits im vergangenen Jahr. So wie es aussieht, werden sie auch im nächsten hier wieder in die Bütt steigen.

Begrenzte Kapazitäten

250 000 Gegenstände landen jährlich in den Fundbüros der Bahn. Auch kuriose Dinge wie Zahnprothesen, die Reisende im Speisewagen liegen gelassen haben. Bis zu zehn Tagen bleiben die Teile im Fundbüro, das dem Fundort am nächsten liegt. „Die Kapazitäten dort sind aber begrenzt“, erklärt Udo Feld, Leiter des Fundbüros Wuppertal. Meldet sich der Eigentümer innerhalb der Frist nicht, wandern die Stücke aus dem ganzen Bundesgebiet in das große Zentrallager, das in der nordrhein-westfälischen Stadt steht.

Laut Gesetz müssen die Teile mindestens 90 Tage lang aufgehoben werden. „60 Prozent finden ihren Weg zurück zum Eigentümer.“ Wenn nicht, werden sie zur Versteigerung freigegeben. Der Erlös wird dann auf ein Konto eingezahlt, wo es drei Jahre lang liegt. Meldet sich der Besitzer innerhalb dieser Zeit, erhält er das für den verlorenen Gegenstand eingenommene Geld. Udo Feld: „Das kommt aber selten vor.“ Was mit den Beträgen nach drei Jahren passiert? „Wir finanzieren damit unser Fund-System.“

Nach etwa vier Stunden endet die Auktion. Alles ist weg, das Team muss nichts mit nach Wuppertal zurück nehmen. Selbst für einen Koffer voller Briefmarken und Postkarten hat sich ein Abnehmer gefunden, der dafür 295 Euro bot. Der Kassensturz nach der Auktion ergab 12 198 Euro. „Wir sind zufrieden“, sagt Feld. Vor allem eine goldene Armbanduhr, die für 1500 Euro weg ging, hat den Betrag nach oben korrigiert.

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