Grapscher am Wöhrder See: Darum helfen Kameras nur bedingt

11.5.2016, 14:47 Uhr
Grapscher am Wöhrder See: Darum helfen Kameras nur bedingt

© Foto: Kirchmayer

Die Nürnberger Nachrichten berichteten Ende April, dass am Wöhrder See immer wieder Joggerinnen von vorbeifahrenden Radlern begrapscht werden. Laut Polizei gab es 2015 vom Sommer bis zum Spätherbst "eine kleine Serie von Übergriffen auf Frauen". 2016 wurde in der Dr.-Gustav-Heinemann-Straße eine junge Frau vergewaltigt, außerdem zeigten sich heuer bereits zwei Exhibitionisten am Wöhrder See.

Schutzkonzept soll her

Die CSU-Fraktion fordert - alarmiert von den wiederholten sexuellen Übergriffen - die Stadt dazu auf, mit der Polizei ein Konzept zu entwickeln, wie diese künftig verhindert werden können. Dabei soll insbesondere geprüft werden, ob eine Videoüberwachung des Naherholungsgebiets möglich ist und wo im Zuge der laufenden Umgestaltung des Wöhrder Sees Notruf-Stationen mit direktem Draht zur Polizei installiert werden können. Auch die Junge Union fordert ein "präzises und durchdachtes Kameranetz" für den Wöhrder See.

Der Erlanger Psychologie-Professor Friedrich Lösel hat sich intensiv mit der Wirksamkeit von Videoüberwachungen befasst. Studien aus verschiedenen Ländern hätten gezeigt, dass Kameras in Parkhäusern sehr wirkungsvoll sind. Die Zahl der Diebstähle aus Autos sei bis zu 50 Prozent zurückgegangen, wenn es eine gut sichtbare Videoüberwachung in Parkhäusern oder auf Parkplätzen gab.

Doch im städtischen Raum und in Parks seien die Effekte weniger einheitlich. Videoüberwachung könne eine abschreckende Wirkung auf potenzielle Täter haben, wenn sie Teil eines Gesamtkonzeptes ist. Lösel: "Dazu gehört es, die Beleuchtung der Wege zu verbessern, dass Polizeistreifen Präsenz zeigen und deutlich sichtbar darauf hingewiesen wird, dass Kameras installiert sind." Unsinnig sei es, den ganzen Weg um den Wöhrder See mit Kameras zu pflastern. Man müsse analysieren, wo die Hotspots sind. Also die Orte, an denen bereits Übergriffe stattgefunden haben.

Täter handeln oft impulsiv

Generell und trotz aller flankierenden Maßnahmen sei die präventive Wirkung von Videoüberwachung im öffentlichen Raum aber eher gering, sagt Lösel. "An einzelnen Punkten ist sie eventuell sinnvoll, aber eher mit dem Schwerpunkt auf einer leichteren Aufklärung von Straftaten." Hinzu komme, dass es häufig spontan zu sexuellen Übergriffen komme. "Wie bei Schlägereien, handeln die Täter oft aus einem Impuls heraus", nicht selten sei Alkohol im Spiel. "Dann achten die Täter gar nicht darauf, ob Kameras installiert sind."

Einen positiven Effekt von Kameras will Lösel aber nicht grundsätzlich ausschließen. Täter, die planvoll vorgehen, könne es abschrecken, wenn sie wissen, dass es in einem Park eine Videoüberwachung gibt und dass sie dort vorsichtig sein müssen. "Doch die Stärke von Videoüberwachungen liegt vor allem darin, dass sie helfen, Täter schneller zu identifizieren."

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