Gucken, entdecken, kaufen: Die Gostenhofer Vielfalt lockt

17.11.2018, 05:55 Uhr
Gucken, entdecken, kaufen: Die Gostenhofer Vielfalt lockt

© Foto: Harald Sippel

Wer die kleinen Läden entdecken möchte, muss sich Zeit nehmen — und die Rothenburger Straße überqueren. Südlich der lauten Verkehrsader lockt das Café Mainheim schon seit einiger Zeit am Petra-Kelly-Platz diejenigen an, die gern mit dem Laptop gleich am Fenster sitzen. Isabella und David Fitz vom wenige Minuten entfernt in der Hirtengasse gelegenen FifteenSixteen sind froh über die Nachbarschaft. "Wenn die Gäste vom Mainheim auf dem Nachhauseweg zur U-Bahn gehen, kommen einige bei uns vorbei." Ihr Laden ist zwei Jahre alt. Vorher war hier ein Lager voller Kisten, heute ist es schick hier. Zwischen Birkenstämmen hängen Kleidungsstücke des Nürnberger Labels Yar, made auf Quelle. Decken aus den USA, Seifen aus Japan, BagJack-Taschen aus Berlin, die sich auch Hipster in Kreuzberg gern über die Schulter werfen: Wer im FifteenSixteen kauft, investiert in Design und Nachhaltigkeit, das ist Isabella wichtig. Sie ist Berufsschullehrerin, David arbeitet in der Marketingabteilung von adidas. Star des Ladens ist Mischlingshund Mogli, der aussieht wie ein Wolf, aber lammfromm ist.

Die Fitzs mögen das Internationale an Gostenhof, "hier im Haus wohnen zum Beispiel Leute aus England und Brasilien". Und Tina Ulsamer. Sie hat an der Ecke zur Bauerngasse ihren Kindermodeladen a child’s play eröffnet. Kleine Mäntel aus Spanien, Kleider aus Portugal oder Strampler aus Dänemark – die 34-Jährige suchte nach der Geburt ihres Sohnes Theodor nach hübschen Sachen, wurde in Nürnberg aber nicht fündig und bietet nun in ihrem Laden an, was ihr selber gefällt. Damit Mamas und Papas in Ruhe quatschen können, hat sie einen Teil des Ladens zur konsumfreien Spielzone gemacht.


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"Ich gehöre zu den Platzhirschen in Gostenhof"

"Gostenhof könnte gut noch mehr Läden gebrauchen, aber ich habe den Eindruck, dass es einigen Hauseigentümern, vor allem denjenigen, die nicht in Nürnberg wohnen, gar nicht wichtig ist, ihre Ladenlokale zu vermieten", sagt Ulsamer. Wie die Nachbarn im FifteenSixteen versucht sie, mit Aktionen Kunden anzulocken. Dort macht am 17. November ein Pop-up-Café Station, bei ihr genau eine Woche später. Vernetzung und Mund-zu-Mund-Propaganda – ohne diese beiden funktionieren die kleinen Läden in GoHo nicht. Ulsamer schickt ihre Kunden gern weiter ins Goldkind von Tina Wendrich, drüben auf der nördlichen Seite der Rothenburger Straße in der Austraße 26. "Ich gehöre zu den Platzhirschen in Gostenhof", lacht Wendrich.

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© Fotos: Elisabeth Thomas

Vor 14 Jahren eröffnete die Goldschmiedin ihr Geschäft mit hübschem Spielzeug und vielem mehr rund ums Kind. Das Haus hat der Ururopa ihres Mannes gebaut, in dem Eckladen war lange eine Bäckerei, die ausgetretenen Fliesen zeugen noch davon, wo früher die Kunden nach Brot anstanden. "Dann war hier eine wilde Wohngemeinschaft mit einem gelben Ecksofa, auf dem bei Partys schon mal Haare geschnitten wurden." Dann kam Goldkind. Wendrich zog im Haus ihre drei Kinder auf, jetzt sind die groß und sie hat wieder mehr Zeit, Schmuck zu entwerfen. 60 Prozent ihrer Kunden kommen aus GoHo oder St. Johannis, schätzt Wendrich. Das Viertel sei mit den Jahren schöner geworden, "ich mag den Wochenmarkt an der Dreieinigkeitskirche sehr".

Förderer gesucht

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© Fotos: Linke, Matejka

Wendrich ist gut vernetzt, auch mit Inge Klier, die in ihrem Laden Bambiboom in der Glockendonstraße T-Shirts und Kleider mit selbst entworfenen Prints verkauft. Klier gibt seit neun Jahren den "in GoHo"-Guide mit heraus, ein kostenloser Leitfaden durch die Laden- und Gastroszene. Wendrich inseriert immer, "aber seit zwei Ausgaben machen weniger Läden mit". Einige scheuten die Kosten, "dabei sieht man oft Leute mit dem Heft durchs Viertel gehen und nach Läden suchen". Wendrich wünschte sich einen Förderer, der das Heft unterstützt. Mit Charlotte Grunow von Anemoi, einem Laden für ausgefallene Stempel und Papeterie in der Rothenburger Straße, nahm sie an einem Workshop der Stadt zum Thema Einzelhandel teil. Die Einladung habe sie gefreut. Vielleicht denke man im Wirtschaftsrathaus ja mal stärker darüber nach, GoHo zu unterstützen.

Laura Michele Kniesel vom Secondhand-Laden Vinty's in der Fürther Straße wünschte sich einen Stammtisch der Geschäftsleute aus Gostenhof. Austausch, gemeinsame Aktionen – das würde ihr gefallen. Vinty's ist ein "non profit"-Geschäft, das Kleiderspenden mit Hilfe vieler Ehrenamtlicher für einen guten Zweck verkauft. Wo früher Matratzen zu haben waren, kaufen seit sieben Jahren Nachbarn aus Gostenhof, die aufs Geld schauen müssen, genauso wie Studenten, die auf Vintage stehen, ihre Kleidung. Im Café kann man auf dem Retro-Sofa Kaffee trinken, es finden Upcycling-Workshops statt und es gibt veganen Kuchen. Das Konzept passt gut zum Viertel.

Hübsches wird dazugekauft

Ein paar Meter weiter Richtung Plärrer lockt in der Fürther Straße seit 2007 die Fachmarie. Die Glücksboutique startete 2007 zwar mit anderem Namen, doch das Konzept blieb. Selbstmacherinnen können Fächer mieten und ihre Sachen anbieten. Irene Senger und ihr Team sind ebenfalls kreativ und kaufen außerdem auf Messen Hübsches dazu. So gibt es in der Fachmarie von Schmuck über Handytaschen, Babykleidung, Postkarten und Deko-Artikel ziemlich viel zu entdecken. Und Senger liebt GoHo, sie ist mit dem Viertel verwachsen. "Weggehen würde ich hier nie."

Auf der Webseite www.nordbayern.de/meingoho wartet noch mehr Material zu Nürnbergs bekanntestem Stadtteil. Hier können Sie Gostenhof interaktiv erleben in Videos, Bildergalerien, einer historischen Zeittafel oder mit einem Quiz.

 

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