Gut zuhören will gelernt sein

22.5.2016, 19:40 Uhr
Gut zuhören will gelernt sein

© Julia Vogl

Lady Gaga, Dialekte, Primzahlen – die Sechstklässer am Melanchthon haben die Qual der Wahl. 300 verschiedene Beiträge stehen zur Auswahl. Einmal in der Woche dürfen sie sich davon einen aussuchen und einfach nur zuhören. Charline Kuchenmeister hat schon ein Paar große Kopfhörer auf. Die Sechtklässerin hört aufmerksam zu, macht sich Notizen in ihr Zuhörtagebuch. Ihr gefällt es super – entspannter kann man schließlich kaum lernen.

Die Idee für das Projekt "Freies Zuhören" hatte Marcus Spangehl – und der ist ja sowieso ein Tausendsassa. Deutsch und Geschichte zu unterrichten hat ihm noch nie gereicht. Der Oberstudienrat gibt auch noch Radio- und Theaterkurse. Mit Psychologie kennt er sich auch noch aus. Das Engagement kommt an: Spangehl wurde mit dem Lehrerpreis ausgezeichnet – auf Vorschlag einer Schülerin. „Die Idee hinter dem neuen Projekt ist, dass die Schüler nicht nur Lesen trainieren, sondern auch Zuhören“, sagt er. Und zwar nicht nur, wenn der Lehrer vorne
an der Tafel spricht, sondern nach eigenem Gusto und im eigenen Tempo.

Das Projekt "Freies Lesen" gab es an der Schule schon länger,
dank 2000 Euro Projekt-Zuschuss von der Stadt konnte die Schule nun einen Satz MP3-Player anschaffen und "Freies Zuhören" konnte starten. Praktisch: die Geräte kommen nicht nur in den regulären Mathe-, Deutsch-, Geschichts- oder anderen Stunden zum Einsatz, sie sollen auch Stoff vermitteln, wenn gerade eine Vertretungsstunde ansteht.

Schuldirektor Otto Beyerlein erhofft sich zudem noch einen weiteren Effekt: dass Jungs an Literatur dranbleiben. Die, so weiß Beyerlein aus Erfahrung, verlieren nämlich während der Pubertät häufig das Interesse am Lesen. "Wenn wir die Buben in der achten oder neunten Klasse verloren haben, dann ist es schwierig, sie später wieder für höhere Literatur zu gewinnen, die bis zum Abitur gelesen wird."

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