Händchen für Melodien

15.12.2014, 21:10 Uhr
Händchen für Melodien

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Man kann nur hoffen, dass der Bandname in naher Zukunft keiner Erklärung mehr bedarf, gerade weil er geradezu mit der Tür ins Haus fällt: „Blind & Lame“, das sind Gika und Lucy Wilke, Mutter und Tochter, die eine blind, die andere im Rollstuhl.

Die beiden nehmen ihre Handicaps mit selbstironischem Humor, machen aber ansonsten kein großes Thema daraus. Ihre Musik ist schließ-
lich originell genug, um auch ohne Behindertenbonus punkten zu können.

Es herrscht ohnehin eine familiäre Stimmung im respektabel gefüllten Stadtteilzentrum Desi in Johannis, viele Freunde und Bekannte der Band sind da und auch die Dame im Vorprogramm gehört fast zur Familie: „Pat'za“ nennt sich die junge Sängerin und Gitarristin aus Guatemala, welche die Wilkes schon von Geburt an kennen und die – welch schöner Zufall – gerade auf der Durchreise war.

Viel Herzblut

Ihre spanischsprachigen Lieder berühren ohne Umwege: Mit ihrer rauen Gianna-Nannini-Stimme und viel Herzblut legt sie ihre Seele offen, auch wenn man kein Wort versteht, während der lässige Rhythmus ihrer Gitarre den schmerzlich-romantischen Melodien die Schwere nimmt. Das erinnert ein wenig an Amparo Sanchez oder Manu Chao und empfiehlt sich durchaus mal für ein ganzes Konzert.

Als Einstimmung auf den Hauptact passt sie jedenfalls hervorragend: Flankiert von den Nürnberger Musikern Hannes Hümmer an Bass und Gitarre und Robert Behrendt an der Perkussion, präsentieren Gika (Gitarre und Gesang) und Lucy (Gesang) ihr gelungenes erstes Album „Come Closer“, eine Sammlung griffiger Eigenkompositionen, in denen sich Einflüsse aus Flamenco, Gypsy-Swing, Rumba und Pop stimmig vereinen.

Songs wie das flott swingende „Blow“, das ein wenig an Calexico erinnernde „Baby“ oder der poppige Titelsong gehen auch bei der Live-Umsetzung umstandslos ins Ohr – keine Frage, die beiden haben ein Händchen für gute Melodien und kompaktes Songwriting.

Ganz reibungslos läuft das Zusammenspiel des Quartetts allerdings noch nicht und im mittleren Teil des Programms hakt der Groove dann doch hörbar – doch schon bald sitzen wieder alle fest im Sattel und reiten mit einer stürmischen Fassung von „Gipsy for one day“, einem Song der französischen Band La Caravan Passe, einem rauschenden Finale entgegen.

Und zur Zugabe gibt’s eine lustige bayerische Version des Calypso-Klassikers „Rum & Coca Cola“: „Trink ma a Bier und an Enzian, fahr' ma hoam mit da Straßenbahn“ – keine schlechte Idee. Aber nicht am Sonntag Abend.

Aktuelle CD: Blind & Lame, „Come Closer“ (Parvenue Records)

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