Hier schweift ein Satellit über Nürnbergs Nachthimmel

2.10.2017, 20:21 Uhr
Selten sind die "Iridium Flares" so deutlich auf Fotos zu erkennen wie hier über dem Nürnberger Fernsehturm.

© Stefan Schuler Selten sind die "Iridium Flares" so deutlich auf Fotos zu erkennen wie hier über dem Nürnberger Fernsehturm.

Der Blitz dauert gerade einmal vier Sekunden. Vier Sekunden, die an eine Sternschnuppe erinnern. Doch das, was rasend schnell über die Spitze des Nürnberger Nachthimmels rauscht, ist keine Sternschnuppe. Kurz nach Mitternacht, exakt um 0.02 Uhr, tritt das Objekt aus dem Erdschatten. Dann ist es weg. Stefan Schuler ist auf der Jagd nach einem Phänomen. Jetzt hat er es gebannt, gefangen, konserviert. In seiner Kamera. Stefan Schuler jagt sogenannte "Iridium Flares".

"In Gesprächen merke ich immer wieder, dass die Leute keine Ahnung haben, was ein 'Iridium Flare' ist", sagt Schuler. "Und, zugegebenermaßen: Das hatte ich bis vor gut einem Jahr auch noch nicht." Mittlerweile ist es für den 46-Jährigen mehr als ein Hobby, "es ist eine Leidenschaft", sagt er.

Satelliten sind überall. Sie übertragen Daten, stabilisieren Telefonnetze, regeln die Kommunikation rund um den Globus. Tausende schweben permanent über der Erdkugel, doch ein Typ ist besonders, zumindest vom Boden aus betrachtet: der "Iridium"-Satellit. Durch seine spezielle Konstruktionsart und die flachen Spiegel an den Antennen reflektiert er das Sonnenlicht - und das so stark, dass sein Licht selbst von der Erde aus noch deutlich zu sehen ist.

'Flares' sind schwieriger zu beobachten als die ISS

"Man sieht zunächst nur einen kleinen Lichtpunkt, der sich bewegt", erklärt Schuler das, wonach er immer wieder sucht. "Der Lichtpunkt wird dann während der Bewegung immer schneller heller, bis er so hell wird, dass man nahezu geblendet ist." Bis zu 20 Sekunden kann die Leuchterscheinung dauern - dann verglüht die Reflektion des Satelliten.

Für Stefan Schuler ist die Jagd nach den "Iridium Flares" Spaß, Hobby - aber auch Mathematik. "Um zu wissen, wo eine Reflektion auftaucht, benutze ich verschiedene Apps, etwa 'Heavens-Above' oder den 'ISS-Detector'." Mit dem Tabellenprogramm "Excel" hat sich Schuler eine Anwendung programmiert, mit der er die richtige Kameraposition berechnet, dort speist er die Erscheinungskoordinaten ein. "Am besten gefällt mir, wenn die Lichtspur des Satelliten ein Objekt im Vordergrund durchkreuzt", sagt Schuler.

"Iridium"-Satelliten werden ausrangiert

Den Nürnberger Fernsehturm hat er mit dem Schweif schon fotografiert, die Festung Marienberg in Würzburg, das Schweinfurter Rathaus. "Das macht es natürlich noch komplizierter in der Berechnung." Doch der Unterfranke, der aus Schonungen kommt, nimmt genau das als Ansporn. "Die 'Flares' sind viel schwieriger zu beobachten als etwa die ISS", sagt er. "Man muss exakt zur rechten Zeit in die richtige Richtung am Himmel schauen. Da geht es um Sekunden." Außerdem sei die Erscheinung um ein Vielfaches heller als die der Internationalen Raumstation, die hin und wieder über Deutschland aufblitzt.

Insgesamt 66 "Iridium"-Satelliten rauschen aktuell noch in der Erdumlaufbahn - doch ihr Aus ist bereits besiegelt. Bis Ende kommenden Jahres soll die Flotte ausrangiert werden, der Nachfolger heißt "Iridium Next". Die flachen Antennen aber verschwinden - und damit auch der charakteristische "Flare" durch die Sonnenreflektion. "Das ist schade", sagt Schuler. "Doch ich versuche einfach noch viele zu fotografieren, ehe dieses Himmelsspektakel der Vergangenheit angehört."

2 Kommentare