Forchheimerin steuert Nürnberger Straßenbahnen

1.10.2017, 08:00 Uhr
Forchheimerin steuert Nürnberger Straßenbahnen

© Foto: Peter Romir

Frau Schaller, wie sind Sie zur VAG gekommen?

Sabine Schaller: "Ich bin ursprünglich Zahnarzthelferin, hab mich aber dann im Oktober 1993 entschlossen, die sechswöchige Ausbildung zur Straßenbahnfahrerin zu machen. Und ich muss sagen: Es war die beste Entscheidung meines Lebens! Wir haben viele ehemalige Arzthelfer bei der VAG. Aber auch Postler, Bäcker — praktisch jede Berufsschicht.

Was gefällt Ihnen an dem Job?

Schaller: Ich mag die Abwechslung zwischen U-Bahn und Straßenbahn. Die Fahrtätigkeit ist sehr eigenständig. Und ich liebe den Service für die Fahrgäste. Man hört ja leider meist nur von den Problemen, aber im täglichen Umgang überwiegen definitiv die positiven Erlebnisse. Etwa bei den Fundsachen. Fast täglich kommen Fahrgäste zu mir, die Schirme, Geldbeutel oder iPhones gefunden haben, und geben die Dinge bei mir ab. Zurzeit muss ich mir nie Sorgen machen, ohne Schirm nach Hause zu gehen. Nein, im Ernst: Die Fundsachen werden dokumentiert und gesammelt.

Sie sind auch für Fundsachen zuständig?

Schaller: Ja, an jeder Endhaltestelle gehe ich durch den Zug und schaue, ob etwas liegengeblieben ist. Nicht selten kommt es dann vor, dass da ein Handy liegt und klingelt. Ich geh dann rann und sage: "Hier ist Ihre Fahrerin – vermissen Sie Ihr Telefon?"

Haben Sie eine Lieblingsstrecke?

Schaller: Absolut — die Linie 8 raus nach Erlenstegen. Die ist insgesamt sehr beliebt, weil es eine sehr schöne Fahrt ist, bei der man meist gut durchfahren kann – und es gibt einen guten Bäcker an der Endhaltestelle.

War der Sommer für Sie eine ruhigere Zeit?

Schaller: Nein, gar nicht! Es ist zwar keine Schule, aber wir haben mehr Touristen da. Es ist immer irgendetwas los in Nürnberg. Und dann natürlich die Baustellen, die extra in der Urlaubszeit sind, damit wir nicht so viel Verkehr drumrum haben.

Wie wirken sich solche Großbaustellen – wie etwa der Hauptbahnhof – auf ihre Arbeit aus?

Schaller: Wir müssen da sehr flexibel sein. Ich war den ganzen August im Einsatz und habe Fahrgäste über die Baustellen informiert. Aber diese Umbauten sind absolut notwendig und nutzen am Ende ja uns allen. Etwa durch die Bordsteinkanten für Rollstuhlfahrer, Rollatoren und Kinderwägen.

2008 wurde die fahrerlose U-Bahn eingeführt. Wie hat das Ihre Arbeit verändert?

Schaller: Sehr positiv. Es ist eine absolute Bereicherung. Dadurch können wir einen sehr schnellen Takt von 100 Sekunden zwischen den Zügen von Hauptbahnhof bis Rathenau-Platz einhalten. Zudem ist es viel sicherer als die Bahn mit Fahrer! Alles was größer ist als 30 Zentimeter und im Gleis liegt, wird sofort erkannt – und dann wird der Betrieb auf der ganzen Linie angehalten. Meine Kollegen und ich gucken dann, was es ist. Meist eine Mülltüte. Manchmal aber auch eine sehr große Taube.

Und Sie haben trotzdem noch genug zu tun?

Schaller: Allerdings. Pro Tag machen 27 Leute von uns auf der Strecke den Service. Wir helfen den Fahrgästen mit den Fahrscheinautomaten, beim Einsteigen oder fahren sogar mit, wenn einer Angst vor der fahrerlosen Bahn hat.

Fahren Sie selbst mit den Öffentlichen zur Arbeit?

Schaller: Da ich aus Forchheim komme, fahre ich mit dem Auto zum Park-and-ride an der Haltestelle Herrnhütte – die Zugverbindung ist leider nicht gut. Von da aus fahre ich dann mit der VAG weiter. Übrigens schon in Dienstkleidung. Ich bin also selber auch Kunde und kann mich deswegen gut eindenken, was unsere Fahrgäste wollen: Sicherheit, Pünktlichkeit und Service!

Und wenn der Dienst dann zu Ende ist – wer bringt Sie nach Hause?

Schaller: Wenn ich die letzte Fahrt habe, dann endet sie am Betriebshof am Trafowerk. Dann fährt natürlich nichts mehr! Deshalb werden die Fahrer von dort aus mit einem Sammeltaxi abgeholt. Und kurz vor fünf kommt die erste Schicht mit dem Taxi auch dorthin.

Welche Wünsche hätten Sie für die Zukunft?

Schaller: Wie in den meisten Berufen, gilt auch bei uns: Wir bräuchten mehr Zeit! Unser Zeitplan ist sehr straff. An den Endhaltestellen hätte ich gerne mehr Zeit für die Fahrgäste und den Service. Aber ansonsten liebe ich es: Bei der VAG gibt es nie Stillstand. Nächstes Jahr kommt ein neues Fahrzeug für die U-Bahn, da freue ich mich schon sehr drauf. Ansonsten wünsche ich mir natürlich viele Leute, die mit uns fahren! Es ist stressfreier und günstiger, als mit dem Auto unterwegs zu sein Und ich fahre viel lieber mit einer vollen Straßenbahn als mit einer leeren.

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