Illegale Schusswaffen können straffrei abgegeben werden

24.8.2017, 05:53 Uhr
Amokläufe, Morde oder Anschläge mit Schusswaffen: Seit langem wird darüber diskutiert, ob das Waffenrecht in Deutschland streng genug ist.

© Pistole Amokläufe, Morde oder Anschläge mit Schusswaffen: Seit langem wird darüber diskutiert, ob das Waffenrecht in Deutschland streng genug ist.

Auch in Nürnberg werden immer wieder legale Schusswaffen und/oder Munition vererbt. Das Problem: Die Erben werden zwar Eigentümer von beidem, dürfen aber Waffe bzw. Munition nicht einfach behalten. Für die Schusswaffe muss man in jedem Fall beim Ordnungsamt eine Waffenbesitzkarte beantragen. Auf diese Karte hat ein Erbe grundsätzlich Anspruch, sagt Robert Pollack, der stellvertretende Leiter des Ordnungsamtes. Nur wenn gewichtige, im Gesetz definierte Gründe gegen einen Waffenbesitz sprächen, müsste die Behörde die Waffenbesitzkarte verweigern. Für die Munition bekommen die Erben in der Regel keine Erlaubnis, sie muss abgegeben werden.

Vor allem Erben profitieren von der befristeten Strafbefreiung

Häufig wissen sie nichts von Waffenbesitzkarten – geschweige denn darüber, wie Waffen vorschriftsmäßig aufzubewahren sind. Das stellen die Kontrolleure des Nürnberger Ordnungsamts immer wieder fest. Solche Waffenerben können nun von der Strafbefreiung profitieren. Dabei gelten einige Rahmenbedingungen:

- Die Amnestie gilt nur für Bürger, die zum Stichtag 6. Juli 2017 eine Waffe und/oder Munition ohne die erforderlichen Erlaubnisse besessen haben.

- Waffe bzw. Munition müssen spätestens am 1. Juli 2018 beim Nürnberger Ordnungsamt oder bei einer Polizeiinspektion im Stadtgebiet abgegeben werden.

- Auch der Transport solcher Schusswaffen bzw. von entsprechender Munition zum Ordnungsamt oder zur Polizei ist straffrei. Allerdings muss der Besitzer mit den Gegenständen von seiner Wohnung auf direktem Weg zur Abgabestelle fahren bzw. gehen. Das Ordnungsamt rät dazu, den Transport vorab mit der Behörde unter der Telefonnummer 0911/231-2260 oder -5328 abzustimmen.

Die Abgabe ist kostenlos. Auch Bürger, die legal Waffen oder Munition besitzen und diese nicht mehr benötigen, können sich damit ans Ordnungsamt oder an die Polizei wenden.

Mit dem im Mai beschlossenen Gesetz hat der Bundestag gleichzeitig eine EU-Verordnung zur Lagerung legaler Waffen umgesetzt. Nach Angaben des Deutschen Jagdverbands müssen scharfe Schusswaffen jetzt in einem Waffenschrank der Stufe 0 nach EN 1143-1 aufbewahrt werden. Zunächst gilt dies nur für Bürger, die erstmals seit Inkrafttreten des Gesetzes am 6. Juli 2017 eine Waffe erworben haben oder nach diesem Stichtag einen Waffenschrank erworben haben bzw. erwerben wollen. Für bestehende Waffenschränke gilt ein Bestandsschutz, sie dürfen auch für neu erworbene Waffen genutzt werden. Schränke der Stufe 0 der EU-Norm sind sehr schwer und durch Mehrfachschlösser gesichert. Sie gelten als extrem aufbruchsicher und feuerfest.

Privatpersonen dürfen auch künftig halbautomatische Schusswaffen in der Öffentlichkeit bei sich haben, wenn die zuständigen Behörden – in Nürnberg das Ordnungsamt – dies genehmigt haben.

Zur Gesamtzahl der Schusswaffen in Deutschland gibt es keine offiziellen Daten. Die Wochenzeitung Die Zeit kam nach einer Recherche im Jahr 2014 bei allen 550 Waffenbehörden auf rund 5,5 Millionen legale Schusswaffen, die rund 1,45 Millionen Besitzern gehörten. Statistisch gesehen gäbe es damit in Nürnberg mehr als 36 400 Schusswaffen mit 9600 Besitzern. Dazu gehören allerdings auch Gas-, Schreckschuss- und Signalpistolen, für deren Besitz der Erwerb des kleinen Waffenscheins vorgeschrieben ist. Wie viele illegale Waffen in Deutschland kursieren, dazu gibt es keinerlei seriöse Schätzgrundlagen.

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