Illegale Werbung: Beschwerden über fast alle Parteien

17.8.2017, 05:43 Uhr
Passt so: CSU-Bundestagskandidat Michael Frieser wird von Parteihelfern um einen Pfeiler geklappt.

© Michael Matejka Passt so: CSU-Bundestagskandidat Michael Frieser wird von Parteihelfern um einen Pfeiler geklappt.

Sie hängen erst seit fünf Tagen – und schon hat Claus Fleischmann wieder 20 Hinweise auf unzulässige Wahlwerbung zu verfolgen. Es gehe um Plakate mehrerer Parteien, großer wie kleiner, sagt der Leiter des städtischen Liegenschaftsamts: "CSU und SPD sind genauso dabei wie Grüne und FDP." Wie die Nürnberger Zeitung berichtete, war die AfD gleich am Wochenende mit ungenehmigten Plakaten aufgefallen. Das Amt habe die Parteien nun angeschrieben, berichtet Fleischmann. Bis Sonntag müssen sie die Missstände beheben. Ansonsten räumt die Stadtreklame auf. Sie stellt dann, je nach Dauer, drei bis zehn Euro pro Plakat in Rechnung.

Die Gebote fürs korrekte Plakatieren hat die Stadt Nürnberg 2013 in einer sogenannten Vollzugsrichtlinie zu ihrer Sondernutzungssatzung erlassen. Ein gutes Dutzend Vorgaben sind zu beachten. So darf ein Wahlplakat nicht größer als DIN-A0 (84 mal 120 Zentimeter) sein, nicht über einem zweiten hängen und mit seiner Oberkante nicht höher als 1,60 Meter vom Boden entfernt sein. Tabu sind Grünanlagen, Straßen mit mehr als 50 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit, Verkehrsinseln, Radwege, Ampelmasten – und auch die historischen Straßenlaternen in der Altstadt.

Die häufigsten Verstöße – auch in diesem Jahr – seien die zu hohe Hängung und die Platzierung an Verkehrsschildern oder Fußgängerüberwegen, erläutert Fleischmann. Dabei gehe es in den Regeln um zwei Ziele: Verkehrssicherheit und Ästhetik. "Das Stadtbild soll nicht zugepflastert wirken." Der Amtschef räumt ein, dass der Einzelfall knifflig werden kann. So dürfen die Parteien Verkehrsschildpfosten nur dann nutzen, wenn sich das Verkehrsschild auf den ruhenden Verkehr bezieht – also etwa Park- und Halteverbote. Bei Bäumen gilt: Dreiecksständer sind erlaubt, lose Poster mit Kabelbinder dagegen nicht. Aus Rücksicht auf den Baum.

Konkurrenz drängt auf Gleichbehandlung

Viele der Auflagen galten schon früher, mit der Richtlinie wurden sie gebündelt. Obwohl wilde Plakate System haben und zuverlässig noch jede Art von Wahl begleitet haben, will Fleischmann den Urhebern keine Absicht unterstellen. Er führt die Fehler lieber auf Unwissenheit zurück. "Meine Vermutung ist, dass unsere Informationen nicht ausreichend wahrgenommen werden." Beim Plakatieren gehe es um Schnelligkeit, das würden oft Aushilfsjobber erledigen. Auf die aktuellen Ausreißer wurde das Liegenschaftsamt vor allem durch eigene Mitarbeiter aufmerksam. Sie haben bei Außenterminen jetzt ein Auge auf die Plakate.

Nur zwei Hinweise seien von Bürgern gekommen, fünf von der politischen Konkurrenz, die auf Gleichbehandlung drängt. Im Internet, wo Parteien ohne Ortsvorgaben werben können, ernten als unpassend empfundene Plakate auch ihre Strafe: in Form von Häme. Die Nürnberger AfD hat auf einem digitalen Wahlkampfplakat das Matterhorn kurzerhand nach Deutschland verlegt. Auf Facebook und Twitter postete sie ein Foto des Schweizer Bergs mit dem Spruch "Hol dir dein Land zurück" und dem Hinweis "Unser Programm für Deutschland". Wie Nürnbergs AfD-Chef Martin Sichert der Deutschen Presse-Agentur sagte, habe man mit einer "gesunden, natürlichen Landschaft" auf Probleme bei der Ärzteversorgung auf dem Land aufmerksam machen wollen. Nach belustigten Reaktionen war das Motiv bald durch eine grüne Wiese ersetzt.

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