Im Wahn kriminell: 29-Jähriger muss nicht in Psychiatrie

29.1.2015, 09:00 Uhr

Marvin B. (Name geändert) ist krank. Er leidet an einer paranoiden Schizophrenie. Nimmt der 29-Jährige seine Tabletten, macht ihm die Erkrankung keine großen Probleme. Nimmt er die Arznei jedoch nicht, wird seine Krankheit akut. Zehn Jahre lang richtete er während akuter Phasen keine großen Schäden an. Vor gut einem Jahr wurde der 29-Jährige dann plötzlich doch kriminell.

Im Wahn klaute er an einer Nürnberger Tankstelle zwei Schokoriegel, in einem Supermarkt ließ er eine Spendenkasse mitgehen, in einem Wohnhaus nahm er einen Koffer mit. Polizeibeamte, die zu Hilfe gerufen wurden, konnten den 29-Jährigen nur mit größter Mühe bändigen. Er wehrte sich mit Händen und Füßen gegen die Beamten - auch dann noch, als er bereits von ihnen gefesselt worden war.

Bei einer der Taten hatte er einen Hammer am Hosenbund dabei. Er benutzte ihn zwar nicht als Waffe, dennoch wurde ihm von der Staatsanwaltschaft Diebstahl mit Waffen vorgeworfen. Auch im Bezirkskrankenhaus Ansbach gab Marvin B. keine Ruhe. Als er an Neujahr 2014 in einen "Beruhigungsraum" gebracht werden sollte, wehrte er sich so sehr, dass mehrere Kollegen zwei Krankenschwestern zu Hilfe eilen mussten. Als er am Boden lag, versuchte er, sich aus der Umklammerung des Klinikpersonals zu lösen - und verletzte dabei eine Krankenschwester.

Im Wahn

Vor Gericht gibt Marvin B. die Vorwürfe zu. Er habe, so sagt er, die Taten im Wahn begangen. Während einer akuten Phase seiner Krankheit fühle sich die Welt für ihn magisch an. "Nur bei der Staatsgewalt wirkt die Magie nicht", sagte er. Deshalb habe er sich auch gegen die Polizei und das Klinikpersonal gewehrt. Die Staatsanwaltschaft wollte Marvin B. unterbringen lassen. Sie war der Meinung, dass von ihm eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht.

Verteidiger Martin Gelbricht sah dies freilich anders. Seiner Meinung nach reicht die Schwere der Delikte nicht aus, um eine dauerhafte Unterbringung in einer psychiatrischen Fachklinik rechtfertigen zu können. Außerdem lebe sein Mandant derzeit in einer Einrichtung, die ihm einen strukturierten Tagesablauf ermöglicht, medikamentös gut eingestellt sei er obendrein. Marvin B. selbst bereut, dass es überhaupt so weit gekommen ist und er vor Gericht erscheinen muss. "Ich kämpfe seit zehn Jahren mit meiner Krankheit, mal sehe ich sie mehr, manchmal weniger", sagte er. Schon am ersten Verhandlungstag hatte er geäußert, so etwas nicht noch einmal erleben zu wollen. Zwar fühle er sich während einer akuten Phase seiner Erkrankung glücklich, weiß aber in klaren Momenten genau, welche Probleme sie ihm bereitet.

Vom Landgericht wurde der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Unterbringung nun abgelehnt. Zum einen, weil die Straftaten, die er im Wahn begeht, keine allzu schweren sind. Zum anderen, weil er nicht auf wildfremde Menschen losgeht, sondern nur auf Polizisten und Klinikpersonal, wenn er in seinem Handeln begrenzt werden soll. Eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit ist Marvin B. deshalb nicht.

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