Jeder Weihnachtsstern erinnert ihn an seine Kindheit

24.12.2003, 00:00 Uhr
Jeder Weihnachtsstern erinnert ihn an seine Kindheit

© Johnston

Erdacht hat die Sterne im 19. Jahrhundert Friedrich Fröbel, der Erfinder der Kindergärten. Weder Heubecks Vater, der Gebrauchsmaler, noch die Mutter wussten, wie die Sterne gefaltet werden. „Ich habe das mit Freunden so lange ausprobiert, bis wir es konnten“, sagt der Rentner.

In Läden im Handwerkerhof bekommt man während der Weihnachtszeit Heubecks Sterne, das Christkind verteilt sie, kosten tun sie nur etwas am Sternstunden-Stand des Bayerischen Rundfunks auf dem Christkindlesmarkt. „Weil es da für einen guten Zweck ist, ansonsten bekommen die Menschen die Sterne von mir geschenkt.“ Im Grunde seines Herzens ist der 75-jährige Witwer ein Konsumkritiker. „Überall, wo man reingeht, muss man zahlen, aber ich will den Leuten etwas schenken.“ Auch, weil es nichts Schöneres gibt, als wenn er als Gegenleistung ein Lächeln geschenkt bekommt. Als er die Technik heraus hatte, faltete der kleine Hans alle Jahre vor Weihnachten in der Mansardenwohnung in der Kapellenstraße, in der er mit Eltern und Großeltern wohnte, ein paar Fröbel-Sterne, „so zehn Stück“. Das Basteln half ihm, die Zeit bis zur Bescherung zu überbrücken.

Mit der Wohnung unterm Dach hatte es eine besondere Bewandtnis: „Es gab eine Bodenkammer, in der durfte ich machen, was ich wollte.“ Mit dem Handwerkszeug seines Opas, des Schustermeisters, Leder zusammennähen. Messer gegen die Wand werfen oder Schwarzpulver mischen. „Wenn‘s an der Peterskirche gekracht hat, dann war‘s ich.“ In der Kammer baute der begeisterte Fotograf auch sein erstes, einfaches Labor auf.

Sternefalten ist im Vergleich zu fliegenden Messern eine mehr als harmlose Beschäftigung. Für die im Krieg keine Zeit und kein Papier da war, doch 1960, als Werkzeug-Konstrukteur bei der Firma Diehl, entdeckte Heubeck unter den Resten der Druckerei lange Papierstreifen. Ein Glücksfund. „Die Streifen sind der Schlüssel fürs Sternebasteln, weil das Zuschneiden so lästig ist.“ Heubeck fielen die 16-Ecke wieder ein. „Ich schenkte sie Kollegen“, denn daheim mit seiner Frau hat er stets nur spärlich für das Weihnachtsfest dekoriert.

Heubeck, der es mit seinen Sternen in Nürnberg zu einer gewissen Bekanntheit gebracht hat, liebt es spartanisch. Zu den Bauhaus-Möbeln in seinem Wohnzimmer passt kein Nippes, auch kein Fröbel-Stern. Die fertigen sind in gelben Säcken im Eck verstaut. 1000 hat Heubeck immer in Reserve, zusammengerechnet faltet er pro Jahr 28 Tage ohne Pause.

Vor sieben Jahren entdeckte er im Atelier von Holzstecher Rudolf Rieß, der damals noch im Handwerkerhof arbeitete, zu seiner Überraschung ein Körbchen voller Fröbel-Sterne. „Eine alte Dame machte sie und Rieß gab sie umsonst weiter.“ Heubeck entschied sich, seine Sterne beizusteuern.

Sie hängen an prominenter Stelle, etwa im Weihnachtsbaum in der Ehrenhalle des Rathauses. Heubeck verteilt sie aber auch im Hausflur, um den Nachbarskindern am Heiligen Abend eine Freude zu machen. Überwindung hat es ihn gekostet, das Christkind zu fragen, ob es seine Sterne weitergeben möchte. „Schließlich ist es eine Amtsperson.“

Doch Marisa Sanchez habe die Idee genauso gut gefunden wie das diesjährige Christkind Christin Strauber. „Als ich im Fernsehen sah, wie sie einem krebskranken Kind einen meiner Sterne auf das Nachtkästchen legte, war ich sehr gerührt.“

Ausgerechnet im Sternenhaus haben seine 16-Ecke, für die Heubeck Tonpapier hernimmt oder Prospekte in Streifen schneidet, für - natürlich harmlosen - Unmut gesorgt. „Ich habe dem Christkind silberne und goldene mitgegeben, die Kinder mochten beide, doch die Mütter wollten fast alle goldene, vielleicht sehen die ja wertvoller aus.“ Heubeck hat das von einer Mitarbeiterin des Kulturamts erzählt bekommen. Und schnell 500 goldene Sterne nachproduziert, um die Mütter nicht zu enttäuschen.