Kaufhof-Aus am Aufseßplatz: „Mitten ins Herz“

11.6.2011, 20:10 Uhr
Kaufhof-Aus am Aufseßplatz: „Mitten ins Herz“

© Stefan Hippel

„Uns trifft das mitten ins Herz“, so formuliert es Fritz Endreß, Vorstand von Südstadt Aktiv e.V. „Das ist doch unser Platzhirsch, das ist der Einkaufs-Magnet in der Südstadt.“ Für den Standort sieht er durch die Schließung sehr negative Folgen voraus. Sowohl für den gesamten Handel als auch für die Bürger. Mit dem Traditionshaus seien schließlich viele aufgewachsen. „Tradition zählt aber leider nicht, sondern nur der Umsatz“, sagt Endreß.

85 Jahre währt nun schon die Kaufhaus-Tradition am Aufseßplatz. 1926 eröffneten die jüdischen Brüder Simon und Salman Schocken das gleichnamige Kaufhaus. Zehntausende drängten sich damals vor dem dreistöckigen Gebäude. Ein Besucher-Magnet, von Anfang an. Zehn Jahre später zwangen die Nationalsozialisten die Besitzer zum Verkauf. 1939 hieß das Kaufhaus nach Besitzerwechsel „Merkur“, in den 50ern „Horten“ und ab 2004 „Kaufhof“. Eingefleischte Nürnberger blieben dem ersten Namen aber treu – und gehen auch heute noch „zum Schocken“.

Dass damit jetzt bald Schluss sein soll sieht auch Marc-Oliver Schaffert mit Bedenken. Seit fünf Jahren lebt der Nürnberger in der Südstadt – bewusst auch wegen der Infrastruktur. „Wenn der Kaufhof dort weg ist, gibt’s ja nichts mehr“, meint er. Das Kaufhaus in Laufnähe wird ihm fehlen für den täglichen Einkauf. Außerdem fürchtet er, dass sich für so ein großes Objekt nur schwer ein adäquater Ersatz findet. „So eine große Bauruine, das kann nicht gut sein für den Stadtteil“, ist er überzeugt.

"Kummer und Sorge"

Auch SPD-Stadträtin Katja Strohhacker schaut „mit Kummer und Sorge“ in das ohnehin benachteiligte Stadtviertel. Sie ist sicher, dass unter der Schließung auch viele kleine Geschäfte leiden, die bisher von der Besucher-Frequenz durch das große Kaufhaus profitiert haben. Zudem verliere man damit natürlich einen guten Arbeitgeber. „Ich frage mich, was wird Kaufhof seinen Mitarbeitern als Alternative anbieten?“

Darüber wissen die Angestellten selbst noch nichts. „Details sind noch nicht bekannt“, sagt Yvonne Hohner, Geschäftsführerin der Kaufhof-Filiale. Die Geschäftsleitung der Galeria-Kaufhof GmbH in Köln hatte ihr am Freitag die Entscheidung mitgeteilt. Die 31-Jährige berief daraufhin eine Betriebsversammlung ein, auf der sie am Abend die 71 Angestellten informierte. „Sehr geschockt und sehr betroffen“ hätten ihre Mitarbeiter reagiert. „Viele fühlen sich als Teil einer großen Familie.“ Ganz überraschend sei die Entscheidung der Zentrale für sie nicht gewesen: „Ich kenne die Zahlen.“

Es werde jetzt Gespräche mit den Arbeitmnehmervertretern geben. „Wir werden mit aller Kraft nach sozialverträglichen Lösungen suchen“, verspricht sie.

150 bis 180 Betroffene

Für Hubert Thiermeyer, Fachbereichsleiter Handel bei der ver.di-Landesleitung geht es freilich nicht nur um die 71 Kaufhof-Angestellten. Da in dem Gebäude noch etliche weitere Geschäfte untergebracht sind, geht er von insgesamt 150 bis 180 Betroffenen aus. „Das ist ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten“, sagt der Gewerkschafter. „Sie sollen nun geradestehen für die Fehler des Managements.“

Die Kaufhof-Zentrale habe den Standort Aufseßplatz vernachlässigt und zu wenig investiert. Wenn nach Pfingsten die Gespräche beginnen, verfolge verdi ein vorrangiges Ziel: den Erhalt der Arbeitsplätze. „An Abfindungen denkt niemand.“

Von einer „Katastrophe für die Südstadt“ spricht Stefan Boos. Bis 2009 war er Quartiermanager für den Stadtteil und dadurch auch in regem Kontakt mit der Kaufhof-Geschäftsleitung. „Das hat schon lange geschwelt“, sagt er, „denn die Zahlen waren schon seit längerem schlecht.“

Es habe aber Konzepte gegeben, mit denen man dagegen angehen wollte. An der Konzernspitze seien diese aber wohl gescheitert. Er habe den Eindruck, dass unrentable Häuser nur noch abgewickelt werden sollten. „Einfach den Knopf drücken und gehen“, so kommt es Boos vor.

Vorbild „Mercado“?

Sebastian Brehm, Vorsitzender der CSU-Stadtratsfraktion, will noch gar nicht richtig glauben, dass mit Kaufhof am Aufseßplatz Schluss sein soll. „Ich hätte eher mit Veränderungen in der Innenstadt gerechnet.“ Zunächst müsse man „mit der Geschäftsleitung sprechen, ob da wirklich schon das letzte Wort gesprochen ist“, sagt er. Einen Nachfolger für die Immobilie zu finden, hält er für schwierig. Ein Einkaufszentrum nach dem Vorbild des „Mercado“ an der Bayreuther Straße sei vielleicht eine Alternative, hätte aber Auswirkungen auf den gesamten Handel in der Nachbarschaft.

Da müssten Gespräche mit Einzelhändlern und der Wirtschaftsförderung geführt werden. Für ganz wichtig hält er die Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens durch die Stadt. Damit nicht am Ende eine Nutzung steht, die niemand haben wolle.

Ein Jahr bleibt nun Zeit für die Suche nach neuen Konzepten. Vielleicht haben ja auch alte Ideen wieder eine Chance. Fritz Endreß erinnert sich daran, dass mal über ein Regionalkaufhaus an der Stelle diskutiert wurde. „Es muss immer weitergehen“, sagt er. „Wir sind ja Berufsoptimisten.“

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