Khaled flüchtete aus Syrien: Heute bestückt er Galerien

18.8.2017, 05:57 Uhr
Der ehemalige Kunst-Dozent Khaled Abdo gibt inzwischen Zeichenkurse.

© privat Der ehemalige Kunst-Dozent Khaled Abdo gibt inzwischen Zeichenkurse.

"Irgendwann wird alles gut" - das sagte Khaled Abdo im Oktober vergangenen Jahres am Ende eines Gesprächs in der Redaktion der Nürnberger Nachrichten. Und man wünschte es ihm, dem 39-jährigen ehemaligen Kunst-Dozenten, der nach seiner Flucht aus Syrien hier in Deutschland ganz von vorne anfangen musste. Seine Zeugnisse waren plötzlich nichts mehr wert. Sein Studium hier nicht anerkannt. Alles, was Khaled Abdo noch hatte, war sein Talent. 

Drei Mütter mit ihren Kindern auf der Flucht: Solche Szenen, die er selbst auf seinem langen und gefährlichen Weg in die Freiheit erlebt hat, bringt der Syrer oft zu Papier. "Ich möchte bald mal etwas Fröhliches malen", sagt er.

Drei Mütter mit ihren Kindern auf der Flucht: Solche Szenen, die er selbst auf seinem langen und gefährlichen Weg in die Freiheit erlebt hat, bringt der Syrer oft zu Papier. "Ich möchte bald mal etwas Fröhliches malen", sagt er. © privat

Ein Talent, das eine Familie aus Wendelstein entdeckte, bei der sich Khaled Abdo zusammen mit einigen anderen Flüchtlingen eine kleine Wohnung teilt. Im Zimmer des heute 39-Jährigen stapelten sich immer mehr Bleistiftzeichnungen. Zeichnungen von Menschen, die ihm in der U-Bahn gegenüber saßen und die er binnen weniger Minuten detailgetreu aufs Papier brachte. Oder die Zeichnung von einer jungen Frau, die auf einem Platz in Nürnberg Kirschen verkaufte, daneben das Porträt eines Kindes, das unbekümmert an einem Brunnen spielte. "Ich zeichne die Menschen, wie ich sie sehe", sagte Abdo. "Nur manchmal sehen sie auf meinen Bildern trauriger aus, als sie tatsächlich waren. Das ist immer dann, wenn ich in diesem Moment selbst traurig war" - und das war Khaled Abdo vor allem ganz am Anfang sehr oft.

"Es macht mich einfach traurig"

Der Syrer floh aus der Nähe von Hasaka. Der Stadt, über die Zeitungen schrieben "Wird Hasaka ein zweites Aleppo?", nachdem die kurdische Miliz YPG dort im August 2016 einen Großangriff auf die syrischen Regierungstruppen begonnen hatte, um auch die letzten Viertel des im Nordosten des Landes gelegenen Ortes unter ihre Kontrolle zu bringen. 
Er spricht nur wenig über das, was er erlebt hatte. "Es macht mich einfach traurig", sagt Abdo. Über seine Zeichnungen hingegen redete er gerne und präsentierte seine komplette Sammlung.

Seine Gastfamilie scannte die Bilder ein, schickte sie an die Lokalredaktion. Khaled Abdo konnte zu diesem Zeitpunkt - dafür, dass er erst wenige Monate in Deutschland war - bereits auffällig gut deutsch. "Ich besuche jeden Tag eine Schule in Nürnberg, bevor ich in die Arbeit in einer Verpackungsfirma gehe", erklärte er bei seinem ersten Besuch in der Redaktion. Daran hat sich auch heute, zehn Monate später, nichts geändert. Von acht bis 13 Uhr lernt Khaled Abdo deutsch, von 17 bis 22 Uhr steht er am Fließband. "Aber der Artikel über meine Bilder hat mir neue Chancen eröffnet", sagt Abdo.

Khaled gibt an der Kunsthochschule Zeichenkurse

Die Kunst-Akademie Faber-Castell lud den Syrer zu einem Kurs ein. An der Volkshochschule gibt er Zeichen-Kurse. Es folgten außerdem Ausstellungen in den Räumen des Gostner Hoftheaters, beim Borgo-Ensemble an der Stadtgrenze. "Zuletzt habe ich bei einer Gemeinschaftsausstellung verschiedener geflüchteter Künstler in Köln mitgemacht", sagt Abdo. Bald soll es eine ähnliche Ausstellung in Nürnberg geben. "Der Anfang hier in Deutschland war schwer, aber langsam kommt alles ins Laufen."

Ein anrührendes Bild eines älteren, vertrauten Paares.

Ein anrührendes Bild eines älteren, vertrauten Paares. © privat

Von seinen Bildern, die überwiegend Szenen zeigen, die Khaled Abdo während seiner Flucht erleben musste, kann der 39-Jährige allerdings hier noch nicht leben. "Traurige Bilder verkaufen sich nicht so gut", sagt er. "Ich möchte vielleicht bald auch einmal mein Thema wechseln und etwas Fröhliches malen, aber man malt eben so, wie man sich fühlt."

Trotzdem träumt Khaled Abdo weiter davon, hier in Deutschland endgültig Fuß zu fassen und mit dem, was er am besten kann, sein Geld zu verdienen. Seine Zeugnisse hat er an das Kultusministerium in München geschickt. "Die haben mir gesagt, ich könnte damit als Fachlehrer für Kunst an einer Privatschule arbeiten." Man versprach, ihn auf die Warteliste zu setzen. Auch beim Staatlichen Schulamt in Nürnberg hat Abdo seine Unterlagen abgegeben. "Da warte ich noch auf eine Antwort."

Ob irgendwann der Tag kommt, an dem Khaled Abdo von seiner Kunst oder seinem Talent, andere Leute darin zu unterrichten, leben kann, weiß der 39-Jährige nicht. "Aber ich suche hier weiter nach Chancen und wenn ich eine sehe, dann brauche ich ja nur noch ein ganz kleines bisschen Glück."

 

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