Sokrates goes online: Neues Nürnberger Philosophie-Projekt

19.3.2019, 11:47 Uhr
Die Sprecher der Audio- und Videofassungen der philosophischen Gespräche über "wahre und falsche Freunde der Freiheit": Thomas Nunner,...

Die Sprecher der Audio- und Videofassungen der philosophischen Gespräche über "wahre und falsche Freunde der Freiheit": Thomas Nunner,...

Wenn Rolf Gröschner sagt, er trommle für die Freiheit und den Dialog über sie, dann hat das eine ganz besondere Bedeutung. Schließlich saß der Nürnberger Professor im Ruhestand, der bis zum Jahr 2013 Ordinarius des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena war, in den 1960er und 1970er Jahren am Schlagzeug der erfolgreichen Band Improved Sound Limited.

...Adeline Schebesch...

...Adeline Schebesch... © Foto: Romin Katzer/Tonstudio Katzer Nürnberg

Warum möchte er nun den Rhythmus der Freiheit vorgeben? "Weil wir uns ernsthaft Sorgen darum machen", sagt Rolf Gröschner. Wir, das sind er und sein Projektpartner Wolfgang Mölkner, ein ehemaliger Gymnasiallehrer. Die beiden treffen sich jede Woche und tauschen sich aus — welche Gedanken sie sich zum Thema machen, teilen sie nun in einem Projekt mit allen, die sich dafür interessieren. "Man braucht keinerlei philosophische Vorbildung", gibt Rolf Gröschner Entwarnung. Der Dialog soll nicht abgehoben sein, sondern vielmehr so, dass jeder ihn versteht.

Video- und Audiodateien

...und Pius Maria Cüppers.

...und Pius Maria Cüppers. © Foto: Romin Katzer/Tonstudio Katzer Nürnberg

Und da wir uns nun mal im 21., volldigitalisierten Jahrhundert befinden, wird der "Freiheitsdialog" gleich auf mehrere Art und Weisen verbreitet. Auf der Website des Projekts findet man 15 "philosophische Gespräche über wahre und falsche Freunde der Freiheit" — jeweils sowohl als Video- als auch als Audio-Datei sowie als Transkript.

"Wir wollten die Philosophie ernsthaft, aber in einer anderen Form präsentieren. Sokrates goes online, sozusagen", erläutert Rolf Gröschner. "Im Internet findet sich so viel Schrott dazu, da muss man auch etwas entgegensetzen." Außerdem startet am kommenden Donnerstag der dazugehörige Kurs am Bildungszentrum (Kursnummer 30023, nur noch wenige Plätze verfügbar).

Als Sprecher für ihre Texte haben Gröschner und Mölkner gleich drei Schauspieler des Nürnberger Staatstheaters und damit Vollprofis engagiert. Adeline Schebesch, Thomas Nunner und Pius Maria Cüppers haben die philosophischen Dialoge eingesprochen. Adeline Schebesch übernimmt dabei die Rolle der neugierigen und kritischen Zuhörerin, die auch mal unterbricht und nachfragt, wenn sie etwas nicht versteht.

Freiheitskonzepte von Aristoteles, Sokrates, Rousseau, Hegel und vielen anderen werden in den jeweils rund zehn Minuten langen Kapiteln diskutiert, zur Sprache kommen aber auch Ferdinand von Schirachs Stück "Terror" und Heinrich Bölls "Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral". Im Prolog geht es um die Gefahren des Internets.

Das Gespür für den Wert der Freiheit gehe gegenwärtig immer mehr verloren, so Gröschner. "Viele sehen sie als selbstverständlich an." Oder vergessen, dass Freiheit nichts mit einem Ego-Trip zu tun hat, sondern nur in Relation zu den anderen, zu der Gemeinschaft gelebt werden kann — nicht allein das ich zähle, sondern eben auch das wir.

Wer diese Gedanken vertiefen will, ist beim "Freiheitsdialog" richtig, der übrigens mit finanzieller Unterstützung eines Medienunternehmens und einer Wissenschaftsstiftung auf die Beine gestellt werden konnte. Vorkenntnisse muss man wie gesagt nicht mitbringen. Eins aber schon: "Zeit und Muse, sich einzulassen."

www.freiheitsdialog.de

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