Kulturgeschichte des Steckbriefs: Ausstellung in der Stadtbibliothek

22.5.2014, 10:00 Uhr
Kulturgeschichte des Steckbriefs: Ausstellung in der Stadtbibliothek

© Horst Linke

Für die Schau, die im Rahmen des Krimifestivals "Criminale" läuft, muss man schon ein bisschen Zeit mitbringen. Originale sind zwar nicht zu besichtigen, dafür gibt es auf den Info-Plakaten, die im zweiten Stock der Stadtbibliothek zwischen den Bücherregalen aufgestellt sind, umso mehr nachzulesen. Da erfährt man gleich zu Beginn der chronologisch aufgebauten Präsentation, dass mit dem ältesten erhaltenen Steckbrief aus dem 2. Jahrhundert v.Chr. zwei Sklaven gesucht wurden, die im ägyptischen Alexandria entlaufen waren.

Kulturgeschichte des Steckbriefs: Ausstellung in der Stadtbibliothek

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Zusammengestellt wurde die Wanderausstellung von dem Krimiautor Achim Schnurrer, der unter dem Pseudonym Lucas Bahl schreibt. Er hat sich tief ins Archiv der Polizeiführungsakademie in Münster eingegraben und unter anderem im Armee-Museum in Ingolstadt geforscht. "Steckbriefe erzählen nicht nur etwas über die gesuchte Person, sondern immer auch über die Institution, die sie verfasst hat, und über die Zeit, aus der sie stammen", erklärt Schnurrer. So lehnte Amerikas erster Präsident George Washington die Sklaverei zwar offiziell ab, fahndete aber in der Zeitung nach einer geflüchteten Sklavin, auf die er zehn Dollar Kopfgeld aussetzte.

Kulturgeschichte des Steckbriefs: Ausstellung in der Stadtbibliothek

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Im 19. Jahrhundert suchte man per Steckbrief nach dem kleinkriminellen Hochstapler (und späteren Schriftsteller) Karl May, der sich mal als Arzt, mal als Falschgeldfahnder ausgegeben hatte. Und auch dem jungen Dramatiker Georg Büchner war man auf den Fersen. Der hatte die Landbevölkerung zur Revolte aufgerufen. Seine besonderen Kennzeichen wurden genauestens beschrieben: "Größe 6 Schuh, 9 Zoll, Haare blond, Nase stark, Mund klein, Stirn sehr gewölbt, kurzsichtig".

Kulturgeschichte des Steckbriefs: Ausstellung in der Stadtbibliothek

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Auch andere Berühmtheiten wie etwa Richard Wagner, Friedrich Schiller und selbst Winston Churchill wurden einst steckbrieflich gesucht. Nicht fehlen darf natürlich der Urheber eines der bekanntesten Gaunerstücke im frühen 20. Jahrhundert: Mit detailgenauen Zeichnungen und einer hohen Belohnung fahndete man 1906 nach dem "Hauptmann", der mit seinem Überfall auf das Rathaus von Köpenick die Obrigkeitshörigkeit seiner Zeitgenossen bloßstellte — und von Carl Zuckmayer verewigt wurde. Jahrzehnte später warnten die Behörden auf den RAF-Fahndungsplakaten vor möglichen Schusswaffen.

Die Ausstellung "Wanted" findet in der Stadtbibliothek am Gewerbemuseumsplatz, Ebene L2, noch bis 21. Juni immer Montag bis Freitag von 11 bis 19 Uhr und Samstags von 11 bis 16 Uhr statt. Am Donnerstag, 22.5., wird um 17.30 Uhr eine Führung angeboten. Auf Ebene L1 kann man bis Freitag, 23.5., an der Wahl des schönsten Krimi-Covers teilnehmen.
 

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