Landtagswahl 2018: So hat Nürnberg gewählt

14.10.2018, 21:26 Uhr
Ausgezählt: In der Meistersingerhalle in Nürnberg wurden am Sonntag die Wahlzettel ausgewertet.

© Anestis Aslanidis Ausgezählt: In der Meistersingerhalle in Nürnberg wurden am Sonntag die Wahlzettel ausgewertet.

Der Abstand zwischen Christsozialen und Sozialdemokraten in Nürnberg nach einer Landtagswahl hat sich enorm vergrößert. 2013 bestand die Differenz neun Prozentpunkte zulasten der SPD. Am späten Sonntagabend betrug der Abstand zwischenzeitlich knapp 19 Prozentpunkte. Die traditionsreichen Sozialdemokraten fahren in der Frankenmetropole ihr miesestes Landtagswahl-Ergebnis ein, verlieren 15 Prozentpunkte, deutlich überm Land.

"Die Stimmung war noch nie so schlecht für uns, und das war mein vierter Landtagswahlkampf", sagt Stefan Schuster (SPD), Direktkandidat im Westen. "Ich hätte nicht gedacht, dass es für uns so schlecht wird", sagt er auch mit Blick auf das Landesergebnis.

Die Ergebnisse der Erst- und Zweitstimmen für den Stimmkreis 501: Nürnberg-Nord.

Die Ergebnisse der Erst- und Zweitstimmen für den Stimmkreis 502: Nürnberg-Ost.

Die Ergebnisse der Erst- und Zweitstimmen für den Stimmkreis 503: Nürnberg-Süd.

Die Ergebnisse der Erst- und Zweitstimmen für den Stimmkreis 504: Nürnberg-West.

"Wir haben in Bayern den Regierungsauftrag", sucht der Nürnberger CSU-Bundestagsabgeordnete Sebastian Brehm zunächst nach einer positiven Einschätzung des ansonsten desaströsen Landesergebnisses. In Nürnberg habe seine Partei wohl vom Lokalmatadoren und Ministerpräsidenten Markus Söder profitiert. Im Norden gab es aber ein Kopf-an-Kopf-Rennen ums Direktmanadat.

"Unsere Verluste liegen hier deutlich unter dem Landesschnitt." Er glaubt, dass Söder eine Koalition mit den Freien Wählern anstrebe, die übrigens – anders als auf Landesebene – in Nürnberg nur minimal dazugewinnen konnten.

Dennoch gab sich FW-Kandidat Jürgen Dörfler zufrieden mit Blick auf das Gesamtergebnis in Bayern. Verena Osgyan, Kreisvorsitzende der Grünen und Kandidatin im Westen freut sich: "Erstmals haben wir die Umfragen übertroffen." Zweitstärkste Kraft in Nürnberg und im Land zu sein, zaubert auch Kandidat Elmar Hayn ein Lächeln ins Gesicht. "Wir haben viele werteorientierte CSU-Wähler zu uns holen können, die mit dem strammen Kurs ihrer Partei nicht einverstanden waren", sagte er im Presseclub. Am Info-Stand seien auch viele Sozialdemokraten gewesen, die "grün" wählen wollten, erklärt er sich das gute Abschneiden.

Nicht ganz so euphorisch kommentierte Matthias Vogler, Kandidat der AfD, das Ergebnis seiner Partei. "Nach den Umfragen hatten wir die Losung 17 Prozent plus X ausgegeben", begründete er seine kleine Enttäuschung. In Nürnberg und im Land liegt seine Partei etwa gleichauf.

Besonderes Augenmerk richtete sich auch in Nürnberg natürlich auf das Abschneiden der CSU – und die Frage, wie die Parteifreunde von Ministerpräsident Markus Söder in seiner Heimat den erwarteten Schlag ins Kontor aufnehmen würden. Durch die Umfragen waren alle so pessimistisch gestimmt, dass sich der Bezirksvorsitzende Michael Frieser bei der Wahlparty der Konservativen in der Lederer Kulturbrauerei schon kurz vor 18 Uhr mit einer kleinen Mutmacher-Ansprache genötigt sah.

"Unabhängig von den Ergebnissen, die uns nicht gefallen dürfen, wird die CSU ihren Dienst tun, das Beste für die Menschen zu erreichen", schwor er die Anwesenden auf den Blick nach vorn ein. Und beinahe im Handumdrehen fanden die Christsozialen zu Positionen und Sprachformeln, die über das Tief hinweghelfen sollten.

"Wir haben doch besser abgeschnitten als befürchtet", strahlte Wirtschaftsreferent Michael Fraas. Den ersten Jubel gab’s für das Scheitern der Linken an der Fünf-Prozent-Hürde. Rhythmischer Beifall brandete auf, als klar war, dass ohne oder gegen die "CSU als stärkste Kraft" eine Regierungsbildung unmöglich ist. Und als Markus Söder via Bildschirm vom "klaren Auftrag für die Regierungsbildung" sprach.

Die Analyse werde sehr schwer, orakelte der Ehrenvorsitzende Oscar Schneider und hatte gleich noch ein passendes Schiller-Zitat parat. Dabei lassen die Nürnberger CSUler auch in der Stunde der Not auf ihre Feindbilder nichts kommen – so weit sich das aus der allgemeinen Stimmung ableiten ließ: Einer möglichen schwarz-grünen Koalition konnte jedenfalls eine Mehrheit im Saal wenig abgewinnen, wie kräftige Buhs und ein genervtes Stöhnen zeigten.

"Wir sind mit einem dicken blauen Auge davongekommen", tröstete sich Stadtrat Kilian Sendner. Den Schwarzen Peter schiebt er dem "Gegenwind aus Berlin" zu.

 

 

 

 

 

 

 

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