Leben in Bildern: Instagramerin postet für 24.000 Fans

15.1.2017, 06:00 Uhr
Leben in Bildern: Instagramerin postet für 24.000 Fans

© Julia Bischoff

Den Drang zur Selbstdarstellung gibt es schon seit Beginn der Menschheit. Seit einigen Jahren hat er sich ins Internet, speziell in die sozialen Netzwerke, verlagert. Nach Facebook kam mit dem Start der Foto-App "Instagram" im Jahr 2010 eine neue Dimension dazu. Auf der Plattform können Nutzer ihren "Fans" oder "Followern" Bilder und kurze Videos aus ihrem Leben präsentieren. Instagram ist das Fotoalbum 2.0.

Julia Bischoff kennt sich mit der Plattform bestens aus. Die 22-Jährige studiert Multimedia und Kommunikation an der Hochschule Ansbach und ist nebenbei Bloggerin und "Instagramerin". Unter dem Benutzernamen "juliaaary" postet sie seit etwa zwei Jahren täglich Bilder von sich selbst und Details aus ihrem Leben.

Leben in Bildern: Instagramerin postet für 24.000 Fans

© Julia Bischoff

Julia am Strand, Julia in Paris, Julia vor dem Spiegel, wie sie ein "Selfie" knipst. Hinzu kommen noch Bilder von ihrem Essen, der neuen Haarfarbe oder dem "ootd", also dem Outfit des Tages. "Angefangen habe ich mit einem eigenen Blog, als ich 13 Jahre alt war. Als dann mit 16 der Hype um Instagram aufkam, habe ich das Bloggen auf die Plattform ausgeweitet. Erst mit einem privaten Account, später dann öffentlich", sagt Julia über ihre Anfänge in dem Netzwerk.

Mittlerweile zählt Instagram 500 Millionen Nutzer, neun Millionen davon kommen aus Deutschland. Das "Bildchengucken" auf dem Smartphone ist vielleicht so populär geworden, weil es eine unterhaltsame Nebenbeschäftigung ist, die zugleich das gewisse Quäntchen Voyeurismus befriedigt, das in jedem von uns steckt.

Die Grenze löst sich auf

So neu ist das Phänomen nicht, sagt Alexander Schmidl von der Universität Erlangen. "Wir achten in unserem Alltag immer darauf, wie uns andere sehen und was sie von uns halten", sagt der Soziologe. Junge Menschen sehnen sich nach Beachtung, um Feedback zu ihrem Aussehen und ihrem Lebensstil einzuholen. "Außerdem ist Instagram eine Möglichkeit, mit Personen in Kontakt zu treten, die ein ähnliches Geschmacksempfinden haben", sagt Schmidl.

Leben in Bildern: Instagramerin postet für 24.000 Fans

© Julia Bischoff

Julia Bischoff hat 24.400 Abonnenten, die ihre Bilder liken und kommentieren. Thematisch setzt die 22-Jährige auf veganes Essen, Reisen und Kleidung. Damit findet sie großen Anklang auf der Plattform - vor allem bei einem jungen Publikum. "Es ist eine ganz andere Art und Weise, mit Menschen in Kontakt zu treten, sprich mit ihnen zu schreiben und an ihrem Leben teilzunehmen. Ich kann mich mit anderen Menschen mit ähnlichen Interessen vernetzen", schwärmt die Studentin.

Sie bekommt fast nur positives Feedback von ihren Followern - viel Zuspruch, Anteilnahme und Lob. "Ich fühle mich bei den Leuten gut aufgehoben, mit denen ich interagiere. Meine Follower sind auch Blogger oder Privatpersonen, mit denen ich mich gut verstehe. Manchen gefallen vielleicht auch einfach nur meine Bilder."

Eines von Julias Fotos aus Wien.

Eines von Julias Fotos aus Wien. © Julia Bischoff

Gleichgesinnte lassen sich zudem leicht über Hashtags, also Suchbegriffe, finden. Zu jedem Hobby und jedem Lebensentwurf lassen sich so auf Instagram die passenden Inhalte herausfiltern. Dadurch löst sich allerdings auch die Grenzen zwischen privatem und öffentlichem Leben auf. "Häufig werden persönliche und intime Momente mit einer Öffentlichkeit geteilt, die vor dem Aufkommen des Internets davon ausgeschlossen war", warnt Schmidl vor Schnellschüssen.

Das ist nicht die einzige nicht so rosige Seite der App. "Ich sehe auf den Bildern immer nur schöne Dinge. Schöne Körper, schöne Kleidung, schöne Orte, schönes Essen", stellt Julia fest. Das Trügerische: "Der Alltag mit seinen nicht so vorzeigbaren Seiten wird komplett ausgeblendet. Die meisten Bilder sind durch Bearbeitung und Bildauswahl geschönt. Es kann nicht sein, dass alle immer toll aussehen, neue Sachen bekommen oder im Urlaub sind. Maximal 30 Prozent davon ist Realität, der Rest ist inszeniert."

Ein Bild aus Paris.

Ein Bild aus Paris.

Trotzdem wendet auch die 22-Jährige mehrere Tricks an, um sich auf der Plattform optimal in Szene zu setzen. "Bei Fotos von Outfits ist es besser, wenn der Fotograf von unten knipst. Dann wirke ich größer und meine Beine länger. Außerdem verwende ich viel natürliches Licht, damit das Ergebnis gut ausgeleuchtet ist", verrät sie. Wenn das Bild im Kasten ist, folgt die Bildbearbeitung mit speziellen Filtern. Damit kann sie Helligkeit, Kontrast, Schärfe und viele weitere Dinge am ursprünglichen Foto verändern, um es noch aufzuhübschen. Julia hat sich dafür extra spezielle Filter gekauft, um sich von der Masse etwas abzusetzen. "Es sieht schöner aus, wenn alle Bilder im Feed stimmig sind", findet sie.

Die Familie hält sie raus

Instagram ist mittlerweile auch zu einer großen Werbeplattform geworden. Nutzer mit besonders vielen Followern bekommen von Firmen Produkte zugeschickt, um diese auf den Instagram-Bildern zu platzieren. Julia Bischoff zeigt auf ihren Bildern nur ausgewählte Gegenstände, die auch zu ihr passen. "Wenn das nicht der Fall ist, erteile ich den Firmen lieber eine Absage. Das Geld interessiert mich nicht, weil ich Instagram nicht hauptberuflich betreibe." Um von der Plattform leben zu können, braucht es laut der 22-Jährigen mindestens eine Million Follower. Eine der bekanntesten deutschen Instagramerinnen ist die 20-jährige Pamela Reif. Mit ihren Fitness-Fotos erreicht sie 2,6 Millionen Abonnenten weltweit. Mittlerweile startet sie als Model und Werbegesicht auch in den USA durch.

Für Julia Bischoff bleibt die Plattform dagegen nur ein Hobby. "Ich will mit Instagram nicht mein Geld verdienen. Mein Privatleben ist mir wichtiger. Außerdem kann der Hype ganz schnell wieder vorbei sein. Ich will lieber einen Beruf mit Sicherheit", sagt die 22-Jährige.

Auch wenn viele Inhalte nur noch digital geteilt werden: Die Befürchtung, Menschen würden irgendwann nur noch im virtuellen Raum leben, ist unbegründet. Aktuelle Forschungen ergaben, dass es mit dem Internet eher zu einer Gleichzeitigkeit von verschiedenen Bereichen kommt. "Instagramer leben wie alle anderen im Hier und Jetzt, aber haben zusätzlich noch eine zweite Welt, nämlich die der Bilder", sagt Soziologe Schmidl.

Auch Julia Bischoff teilt nicht ihr gesamtes Leben mit ihren Followern. "Bilder von mir in Unterwäsche würde ich auf keinen Fall posten. Auch meine Familie halte ich komplett raus." Sie sind auch für "juliaaary" Teil der anderen, der echten Welt.

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