Lehrerin züchtigte Schüler: Ein Jahr und drei Monate Haft

22.7.2014, 18:25 Uhr
Lehrerin züchtigte Schüler: Ein Jahr und drei Monate Haft

© Harald Sippel

„Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand“, sagte die Pädagogin in ihrem letzten Wort, "und ich habe den lieben Gott als Zeugen, dass ich so etwas nicht begangen habe." Mit so etwas meint die 56-Jährige, die Straftaten, die ihr von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegt werden. Unter anderem soll sie zwei Mädchen aus einer vierten Klasse an der Herschelschule im Nürnberger Süden einzeln in leere Klassenzimmer gesperrt haben. Einer Mitschülerin soll sie den Toilettengang verweigert haben – die Schülerin nässte ein. Mehrere Jungs aus der Klasse soll sie brutal am Arm gepackt, einem sogar eine Ohrfeige verpasst haben. Im Prozess jedoch beteuerte die Lehrerin bis zuletzt ihre Unschuld. Sie leide, wenn sie mit einer Klasse schimpfen müsse, sagte die akkurat frisierte Pädagogin, die in streng-elegantem Outfit zur Verhandlung erschien

"Man fragt sich, welcher Dreistigkeit es bedarf, sich hier hinzusetzen und zu sagen, dass die Kinder lügen", sagt die Staatsanwältin und beantragt eine Bewährungsstrafe in Höhe von einem Jahr und sieben Monaten. Sie sieht den Sachverhalt, der der Lehrerin vorgeworfen wird, nach der Vernehmung von 31 Zeugen als erwiesen an. Ein ehemaliger Schüler soll in seiner nichtöffentlichen Vernehmung gesagt haben: „Wenn sie ausflippt, dann sind Verletzungen normal.“ Den Eltern durften die Schüler nichts erzählen, das bläute die Lehrerin ihren Schützlingen immer wieder ein.

Bewährung nur unter allergrößten Bedenken

Der Verteidiger sah das Ergebnis der Beweisaufnahme anders als die Staatsanwaltschaft. Er zeichnete ein Bild von einer überforderten Lehrerin an einer Brennpunktschule, die ihr pädagogisches Konzept unbedingt durchsetzen wollte. Den Kindern, so der Anwalt, seien bei den Ermittlungen Aussagen in den Mund gelegt worden. Die Anklageschrift sei deshalb das Ergebnis von Ausmalungen und Verwechselungen. „Reicht das Gehörte aus, um die Angeklagte nach 30 Jahren im Beruf ohne derartige Vorfälle zu verurteilen und so des sozialen Status zu berauben?“, fragte er und forderte einen Freispruch für seine Mandantin.

Dem Jugendschöffengericht reichte die Beweisaufnahme für ein Urteil – wenngleich es die Angeklagte von zwei Vorwürfen (Schubsen eines Schülers, Schlag gegen die Hand eines weiteren) freisprach. „Die Strafe hätte weniger hoch ausfallen können, wenn Sie Reue oder Einsicht hätten erkennen lassen“, kommentierte der Vorsitzende Richter die verhängte Freiheitsstrafe in Höhe von einem Jahr und drei Monaten. Diese, so sagt er, könne auch nur „unter allergrößten Bedenken“ und mit dem Wissen, dass der Angeklagten eine weitere Berufsausübung wohl versagt bleiben wird, zur Bewährung ausgesetzt werden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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