Löste Familienstreit Amoklauf-Drohung aus?

7.1.2013, 20:22 Uhr

Hinter ihm liege ein "Familienrechtsdesaster“, schildert Hans W. (Name geändert) vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth: „Entrechtet, versklavt und ausgenommen“ fühle er sich, sein erlittenes Unrecht würde seit Jahren ignoriert. Seit seiner Scheidung krebse er am Existenzminimum herum, er sei auf Lebensmittel der Wohlfahrt angewiesen. Dazu verweigere ihm die Ex-Gattin, trotz zugestandenen Umgangsrechts, seit dem Jahr 2004 den Kontakt zu seinem Buben. Und bei der Justiz würde nur mit den Achseln gezuckt. 

Hans W. sitzt nicht erstmals vor Gericht - bereits im Januar 2009 drehte er durch: Damals attackierte er seine Anwältin, um die Akten seines Scheidungsverfahrens aus ihrer Kanzlei entwenden zu können. Er drang in ihr Büro ein, rangelte mit der Frau und zertrümmerte einen Blumentopf. Juristisch bedeutete dies: Nötigung, Sachbeschädigung, Körperverletzung. Im Juni 2010 wurde W. zu einer Geldstrafe verurteilt. 

Doch für W. selbst bedeuteten seine Taten: Rebellion. Dass sein Übergriff kriminell war, auch wenn ihm selbst Unrecht getan wird, wollte er nicht einsehen - während der damaligen Verhandlung drehte er dem Gericht demonstrativ den Rücken zu. Und als sein Anwalt Hintergründe des Falles erläutern wollte, rastete W. allein bei dem Wort "Besuchsrecht“ lautstark aus. "Ich bin Vater und kein Onkel, der Besuche macht!“, schimpfte er.

Nach dem damaligen Urteil soll er beim Verlassen des Amtsgerichts Nürnberg einen Wachtmeister angespuckt haben - und dies ist nur einer von mehreren Vorwürfen, die der Staatsanwalt im aktuellen Verfahren erhebt. Bereits im Januar 2010 kündigte Hans W. einer Mitarbeiterin im Verwaltungsgericht Ansbach telefonisch einen "Amoklauf mit Toten“ an, sollte er erneut eine Kostenrechnung erhalten. In Ansbach nahm man diese Drohung ernst - war am dortigen Gymnasium Carolinum doch erst ein Vierteljahr vorher ein Schüler Amok gelaufen.

Für die weiteren Verhandlungstage im Rechtsstreit des Hans W. wurden Polizisten angefordert- W. klagte dort nach über zwei Jahrzehnten Polizeidienst gegen seine Versetzung in den Ruhestand. Heute bestreitet er, dass er das Wort "Amok“ benutzte, höchstens sei ihm die Formulierung "rausgerutscht“. Laut Anklage entgleiste er im Juni 2010 erneut und kündigte seiner Tante an, dass er seine Mutter, seine Ex-Gattin und eine Richterin töten würde. W. behauptet, ein "Missverständnis“: Die Tante sei "einfach“ und ihm "intellektuell nicht gewachsen“.

Mehrere Todesdrohungen

An einen weiteren Anruf bei der Diakonie in Fürth, nur wenige Tage später, erinnert sich Hans W. angeblich nicht. Er soll erneut gedroht haben, seine Ex-Frau zu töten und im Nürnberger Justizgebäude Amok zu laufen. Die Einrichtung alarmierte die Polizei, das Justizgebäude wurde abgesichert. Nur Stunden später drohte Hans W. aufgrund dieses "Verrats“ dem Leiter der evangelischen Beratungsstelle, ihn zu töten. Der verängstigte Mann ging mit Polizeischutz nach Hause, Hans W. wurde zeitweise in der Psychiatrie untergebracht. 

Im April 2012 soll er erneut ausgerastet sein: Angeblich beschimpfte er im Amtsgericht Fürth Justizangestellte als "Nazischergen“ und stieß erneut Todesdrohungen aus. 

Um die einzelnen Taten, die Rede ist von Beleidigung, Bedrohung und Störung des öffentlichen Friedens, aufzuklären, rechnet das Gericht mit drei Prozesstagen, das Urteil soll nächste Woche gesprochen werden. Auch ein Psychiater beobachtet das Verfahren. Vielleicht beantwortet sein Gutachten die Frage, ob W. infolge seiner Scheidung zum Kriminellen wurde - oder ob er seine Familie und den Beruf verlor, weil er bereits früher psychisch auffällig wurde. W. müht sich derzeit übrigens um eine Ausbildung zum Sozialpädagogen.

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