Metzger mit Studium: Imagewandel an der Fleischtheke

21.10.2017, 05:58 Uhr
Metzger mit Studium: Imagewandel an der Fleischtheke

© Roland Fengler

Gekonnt lässt Georg Meyer Brät in Bändel fließen und portioniert die daraus entstehenden Fränkischen Bratwürste. Etwa eine Stunde steht der 24-Jährige so in der Produktion der Metzgerei Meyer im Kirchenweg. Er kennt das, ist hineingewachsen in den Beruf, hat schon früher mitgeholfen. 

Nur hat der junge Mann, heute Geschäftsführer, nicht nur eine Metzgerausbildung, sondern auch ein BWL-Studium absolviert. Georg Mayer findet das nicht außergewöhnlich, "es ist notwendig".

Steuererklärung, Rechtsfragen - Mayer profitiert in vielen Bereichen von seinem betriebswirtschaftlichen Wissen. Dass mancher Kollege die Preise für die Ware nicht kalkuliert, ist ihm unbegreiflich. Er ist "heilfroh" über die Ausbildung.

Auch wenn es einen langen Arbeitstag noch länger macht. Manchmal steht er schon um 3.30 Uhr in der Produktion, zerteilt einen ganzen Ochsen - und sitzt nach einer Gassirunde mit Hündin Winni ab 13 Uhr am PC.

Steak-Tastings und Grillkurse

Auch dort geht es um die Wurst - und noch viel mehr. Das weiß Dirk Freyberger. Deshalb hat sich der 33-jährige Metzgermeister zum Fleischsommelier ausbilden lassen - als einer der ersten von 40 in ganz Deutschland. Wenn er über Fleisch spricht, dann auch über dessen kulturhistorische Bedeutung oder ethische Fragen, zu Tierwohl beispielsweise oder zur Verwertung des ganzen Tieres ("nose to tail"). Davon profitiert, wer Freyberger bei Steak-Tastings oder den rund 50 Grillkursen im Jahr erlebt.

Nein, ein Metzger steht nicht mehr nur hinter der Theke oder in er Produktion. Dirk Freyberger sieht sich als "Botschafter von gutem Fleisch", das er selbst nicht täglich isst. Vor seinem Geburtstag im Dezember fastet er gar jedes Jahr einen Monat: kein Fleisch. Für ihn ist es auch "eine Wertschätzung gegenüber dem Produkt", das bei ihm in der Regel ein- bis zweimal pro Woche auf dem Teller landet.

Dass Freyberger den Betrieb der Eltern übernimmt, sei nicht in Stein gemeißelt gewesen. Der älteste von drei Söhnen - Abiturschnitt 1,9 - hätte sich auch ein Medizinstudium vorstellen können. Den Ausschlag gibt schließlich der jüngere Bruder. Denn der zieht mit, damit die Geschwister das Geschäft mit über 50 Mitarbeitern gemeinsam führen können. Dirk Freyberger ist das wichtig, allein zwei Geschäfte und einen Catering-Service zu schmeißen, sei schwierig.

Knapp 60 statt 120 Betriebe

Auch wenn er sich um die Branche selbst eher wenig sorgt - dafür um den Ruf seines Berufs und den fehlenden Nachwuchs. "Dabei ist seit langem die beste Zeit, um im Handwerk einzusteigen", findet Freyberger. Die Zahlen aber alarmieren: 2000 habe es noch 120 Innungsbetriebe in Nürnberg gegeben, weiß der Metzger, heute sind es noch knapp 60. In ganz Bayern haben seit 2011 601 Metzgereien (und 424 Bäckereien) dichtgemacht.

Hatten Bäcker und Metzger in Nürnberg 2011 noch 282 Lehrlinge, waren es 2016 nur noch 168. Dirk Freyberger geht davon aus, "dass in den nächsten Jahren etliche solide geführte Betriebe aufhören müssen, weil sie keine geeigneten Nachfolger finden". Auch weil die nötige Qualität fehlt, "90 Prozent des Nachwuchses sind nicht in der Lage, einen Betrieb zu führen". Von der Quantität ganz zu schweigen.

30 bis 40 Bewerbungen hatte Stefan Wolf von der gleichnamigen Metzgerei in der Bucher Straße noch vor ein paar Jahren - heute sind es ein bis zwei "und das ist nicht mal schlecht". Freyberger setzt Hoffnungen in den bundesweiten Verein der Fleischsommeliers und auf die junge Riege. Was die tun muss? "Wir müssen Rockstars werden", sagt er, "und zeigen, wie geil unser Beruf ist".

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