Mietpreise in Nürnberg explodieren auch in Billiglagen
18.3.2017, 07:47 UhrEin Gespenst geht um: Es ist die Angst vor Gentrifizierung, deren Auswirkungen sich in Berlin oder Hamburg auf drastische Weise beobachten lassen: Menschen mit geringem Einkommen werden aus ihrem Bezirk verdrängt, weil Altbauten erst saniert und dann zu hohen Preisen an Besserverdienende vermietet werden.
Dass Hausbesitzer plötzlich das große Geld wittern und angestammte Mieter vergraulen wollen, lässt sich vereinzelt auch in Nürnberg beobachten. Vor allem Gostenhof geriet hier in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Blickt man auf die nackten Zahlen, spricht laut Wirtschaftsreferent Michael Fraas (CSU) aber nichts für echte Gentrifizierung. Die Mietpreiserhöhung liege in Gostenhof unter dem städtischen Schnitt. "Solch dramatische Entwicklungen wie in Prenzlauer Berg in Berlin haben wir nicht."
Bewohner ziehen aus der Innenstadt
Die Debatten um Gostenhof waren der Anlass für den neuen Bericht "Wohnungsmarktbeobachtung 2016". Denn bislang gab es zwar eine Analyse für ganz Nürnberg, aber es fehlten detaillierte Daten zu den Stadtteilen. "Der Aufbau einer kleinräumig angelegten Wohnungsmarktbeobachtung ist notwendig", fährt Fraas fort. Das sei eine wichtige Grundlage für die wohnungspolitische Diskussion.
Die Analyse ist in Zusammenarbeit mit dem Bonner Forschungs- und Beratungsinstitut "Quaestio" entstanden. Die vielleicht überraschendste Erkenntnis für Bernhard Faller von "Quaestio": "Es gibt eine Nutzungsverlagerung in die bislang nicht ganz so attraktiven Lagen." Soll heißen: Bewohner ziehen von der Innenstadt in die an die Innenstadt angrenzenden Stadtteile, zum Beispiel Richtung Südstadt.
Innenstadtrand wird teurer
Gleichzeitig stieg die Miete ausgerechnet in einfachen Wohnlagen am stärksten. Und zwar im Zeitraum von 2012/13 bis 2014/2015 um 10,2 Prozent. (Neuere Zahlen gibt der Bericht nicht her.) Im stadtweiten Schnitt stiegen die Mieten um 8,2 Prozent. "Der Innenstadtrand hat die stärksten Preiszuwächse", bilanziert Faller.
Alles in allem gebe es aber "keine drastischen Entwicklungen", so Britta Walther, Leiterin des Stabs Wohnen im Wirtschaftsreferat. "Der Wohnungsmarkt ist sehr ausgeglichen. Darauf achten wir mit der Quotenregelung." Die besagt, dass dort, wo neues Baurecht geschaffen wird, in der Regel 30 Prozent geförderte Wohnungen gebaut werden müssen. Das stößt bei den Investoren nicht immer auf Gegenliebe. "Wir müssen den geförderten Wohnungsbau noch besser vermitteln", meint Fraas, "und von der Stigmatisierung wegkommen." In geförderte Wohnungen zögen nicht nur Hartz-IV-Empfänger, sondern auch Familien aus der Mittelschicht.
Der Bericht offenbart auch, dass die Stadt vom selbst gesteckten Ziel, im Jahr 2200 Wohnungen zu schaffen, weit entfernt ist. Es fehlt an Bauland.
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