Mit Tröten, Taschentüchern und Wunderkerzen

6.8.2017, 19:24 Uhr
Mit Tröten, Taschentüchern und Wunderkerzen

Mit einem belegten Brot und einer Flasche Apfelschorle ausgestattet, genießt ein Musiker die Abendsonne hinter der Bühne am Luitpoldhain. Nur ein paar Meter weiter steht sein Kollege und spielt Trompete. Er hat noch ein T-Shirt, kurze Hose und Flipflops an. Macht nichts, denn es ist noch eine gute Stunde bis zum Konzert, das unter dem Motto "Last Night" steht.

Krzysztof Musial hat aber schon alle seine Hausaufgaben längst gemacht: Er kam bereits in schwarzen Hosen und weißem Hemd gekleidet zum Open-Air-Konzert, auf der Bühne hat sich der Musiker, der zweite Violine spielt und heute die Aufgabe des Stimmführers übernimmt, bereits eingespielt. "Ich bin schon seit einer Stunde da. So kann ich mich gut vorbereiten und zur Ruhe kommen."

Seit 25 Jahren spielt er schon bei den Nürnberger Symphonikern und hat schon etliche Male zusammen mit seinen Kollegen das Publikum beim Klassik-Open-Air begeistert. "Von der Bühne aus in die Menschenmenge zu schauen ist immer ein sehr schönes Gefühl." Für seinen Dirigent Alexander Shelley wird dieses Erlebnis das letzte Mal sein. Denn er verlässt Nürnberg. Wie dieses letzte, besondere Konzert verläuft, mag Musial nicht voraussagen. Er weiß es einfach nicht. "Shelley überrascht gerne. Er ist spontan." Während Musial die Zeit vor dem Auftritt noch dazu nutzt, einen Kaffee zu trinken und mit Kollegen zu reden, füllt sich die Wiese bis zum Rand mit Menschen. Rund 80 000 Menschen sollen es laut der Stadt Nürnberg sein. Und sie spendieren noch vor dem Konzert ihren ersten spontanen Applaus – für das Wetter, nachdem sich der Regenschauer, der kurz die Menschen ärgerte, verzog und die Sonne wieder die Stellung einnahm. Das Wetter bleibt an diesem Abend den Fans des Klassik-Open-Airs gnädig und erlaubt sich nur zu Beginn der Pause, ein paar Regentropfen vom Himmel zu schicken.

Mit Tröten, Taschentüchern und Wunderkerzen

Viele Menschen hier am Luitpoldhain sind als Besucher des Klassik-Open-Airs routiniert: Von der passenden Sitzunterlage über das besondere Essen und Getränke bis zu den Wunderkerzen wird an alles gedacht. Der eine oder andere kam heute mit etwas gemischten Gefühlen zum Konzert. Alexander Shelley würden viele gerne noch länger in Nürnberg behalten, wie Werner Wagner: "Er ist ein hervorragender Dirigent. Am liebsten wäre es mir, er würde noch ein Weilchen bei uns bleiben."

Melanie Schreiner ergeht es ähnlich: "Ich finde es sehr schade, dass Alexander Shelley unsere Stadt verlässt. Ich war sehr oft in seinen Konzerten und fand ihn gut. Aber bevor ich traurig werde, freue ich mich erst einmal auf das Konzert heute." Als Fan von Alexander Shelley bezeichnet sich Karin Cedin: "Er ist so unterhaltsam, eine richtige Rampensau, so wie er das Publikum unterhält. Das erlebt man nicht oft bei einem Dirigenten. Ich habe mir extra das Programm gekauft, weil es sein letztes Konzert hier ist."

Mit Tröten, Taschentüchern und Wunderkerzen

Konzert zum Mitmachen

Und Alexander Shelley liefert an diesem Abend. Gleich zu Beginn des Konzertes bedankt er sich bei dem Nürnberger Publikum: "Sie sind warmherzig und offen." Redegewandt, witzig und charmant spricht er zwischen den Musikstücken zu den Menschen auf der Wiese. Doch die Menschen sind nicht nur zum Zuhören, sondern auch zum Mitmachen gekommen.

Shelley hat sich einiges einfallen lassen, um die Menschen von ihren Sitzen zu bekommen: Sie klatschen, tröten, winken mit den Taschentüchern und tanzen sogar (siehe Artikel unten). Großen Eifer zeigen die Besucher, als sie nun endlich ihre Wunderkerzen anzünden dürfen. Als das Konzert zu Ende geht, spendet das Publikum einen Riesenapplaus für die Musiker und den Dirigenten. Shelley bedankt sich noch einmal beim Publikum und bekennt sich: "Ich bin ein Stück Nürnberger und werde es auch bleiben."

Mit Tröten, Taschentüchern und Wunderkerzen

Das gefällt dem Publikum ganz besonders. "Das ist wirklich sehr schön gewesen, als Shelley sich als Nürnberger bezeichnet hat. Er soll uns in guter Erinnerung behalten", sagt Ulrike Schneider, als das Feuerwerk vorbei ist und sie sich auf den Weg nach Hause macht.

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