Naturentdeckergruppe auf Spenden angewiesen

8.12.2013, 19:38 Uhr
Naturentdeckergruppe auf Spenden angewiesen

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Diese Kinder wussten nicht, was „Wald“ bedeutet. Auch unter „Wiese“ konnten sie sich nichts Konkretes vorstellen. Sie – oder ihre Eltern – kommen aus Nigeria, Somalia, Kenia, Thailand, Griechenland, Indien, Afghanistan, der Türkei und dem Iran; eines der Kinder hat einen deutschen Kulturhintergrund. Sie alle leben in einem Stadtteil, in dem es kaum Natur gibt: in Gostenhof.

Zum Spielen im Freien bleiben ihnen Schul- oder Horthöfe, und die sind meist gepflastert oder zubetoniert. Ab und zu gehen die Erzieherinnen mit ihnen in die Rosenau zum Fußballspielen und auf den Spielplatz. Das sind ihre einzigen Naturerfahrungen.

Die Kinder sprechen alle Deutsch und besuchen die 2. bis 4. Klasse der Knauerschule oder des Sonderpädagogischen Förderzentrums. Sie sind nicht neu in Nürnberg, aber Ausflüge raus in die Natur – so etwas kennt man in ihren Familien nicht. „Diese Menschen haben Angst davor, ihre vertraute Umgebung zu verlassen. Öffentliche Verkehrsmittel außerhalb von Nürnberg sind ihnen oft zu kompliziert und auch zu teuer“, sagt Monika Ott.

Die Sozialpädagogin hat deshalb eine Naturentdeckergruppe innerhalb des Projekts „Gostenhof bewegt sich“ gegründet, das in den ersten drei Jahren vom Bund gefördert wurde und dann mit Hilfe von Spenden und einer Stiftung weiterlief. Nun sind die Mittel aufgebraucht, aber die Gruppe soll unbedingt weiter bestehen bleiben. Denn Kinder, die ohne Natur aufwachsen und obendrein in zu enge Wohnungen eingepfercht sind, entwickeln Aggressionen. „Oft ist es schwer, sie zu beruhigen und daran zu hindern, sich gegenseitig zu verletzen“, so Ott.

Der Wald habe eine beruhigende Wirkung auf die Mädchen und Jungen. Wenn die 15-köpfige Gruppe einmal pro Woche an einem Nachmittag drei Stunden lang ins Grün des Faberparks in Stein eintaucht, „wird es sofort ruhiger, langsamer, die Aufregung legt sich. Manche Kinder suchen sich Stöcke, andere verlassen den Weg, um im Unterholz auf Entdeckungsreise zu gehen“, erzählt die Sozialpädagogin.

Das war aber nicht immer so. „Es gibt Kinder“, erinnert sich Monika Ott, „die haben wir die erste Zeit auf der Wiese und im Wald tragen müssen.“ Die Buben und Mädchen scheuten vor allem Unbekannten zurück, vor krabbelnden Tieren ebenso wie vor stacheligen Pflanzen. Doch diese Ängste haben sich nach und nach gelöst – zum Teil durch gezielte Übungen: So sammelten die Kinder einmal Schnecken, um sie erst auf einem Blatt auf der Hand kriechen zu lassen, dann über die bloße Haut.

Die Gruppe hat auch schon ein Stück Ackerland in Schnepfenreuth von einem Bauern überlassen bekommen und dort Gemüse angebaut. Im Herbst feierten die „Naturentdecker“ sogar ihr eigenes Erntedankfest – mit eigenen Pellkartoffeln und Quark, gelben Rüben und anderem selbst Angebauten. Die Sache hatte allerdings einen Haken: Die Hin- und Rückfahrt ins Knoblauchsland mit öffentlichen Verkehrsmitteln dauerte zu lang.

Deshalb würde die Gruppe im nächsten Jahr lieber die Gemüsebeete in die Stadt holen und Tomaten, Rüben, Rhabarber usw. in Pflanzkübeln kultivieren. „Da könnten die Kinder auch regelmäßig zum Gießen kommen und sich mehr um die Pflanzen kümmern“, meint Monika Ott. Die wöchentliche Fahrt ins Grüne soll aber weiterhin stattfinden.



Naturentdeckergruppe Gostenhof, Hessestraße 4 (4. Stock). Die Sachspenden können dort mittwochs und donnerstags zwischen 11 und 15 Uhr abgegeben werden (nicht in den Schulferien). – 0911/5683550, E-Mail: monika.ott@goho-bewegt-sich.de Geldspenden auf das Konto 5861828 bei der Sparkasse Nürnberg, BLZ 76050101


 

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