Notorischer Schwarzfahrer muss fünf Monate hinter Gitter

22.7.2014, 10:07 Uhr
In Nürnberg hatten 2013 bei Kontrollen  etwa 32.000 Fahrgäste keinen Fahrschein dabei – die Hälfte davon waren echte Schwarzfahrer, die anderen hatten ihre Zeitkarte vergessen.

© Eduard Weigert In Nürnberg hatten 2013 bei Kontrollen etwa 32.000 Fahrgäste keinen Fahrschein dabei – die Hälfte davon waren echte Schwarzfahrer, die anderen hatten ihre Zeitkarte vergessen.

Selbst dem Verteidiger wurde es irgendwann zu bunt. Mit vor das Gesicht geschlagenen Händen hörte er sich die Ausflüchte seines 29 Jahre alten Mandanten an. Wie oft Mario L. (Name geändert) im letzten Dreivierteljahr ohne gültige Fahrkarte in Bahnen oder Busse gestiegen ist, weiß er wohl selbst nicht — aber sechsmal ist er erwischt worden.

„Ich hatte zu dem Zeitpunkt kein Geld“, führte der Angeklagte zu seiner Entschuldigung ins Feld. Einmal sei er ohne Ticket zur Heilsarmee gefahren, um dort zu schlafen. Ein anderes Mal wollte er auf dem Sozialamt nach einer Sozialwohnung fragen — und bestieg dafür die U-Bahn ohne Fahrkarte. Im nächsten Fall musste der Angeklagte zum Einwohnermeldeamt, um seine alte Wohnung abzumelden. Bei einer weiteren Gelegenheit soll ein Freund bedroht worden sein, dem Mario L. helfen wollte.

Auch eine Fahrt von Fürth zur Nürnberger Arbeitsagentur trat der 29-Jährige ohne Fahrkarte an. „Warum sind Sie denn nicht gelaufen, wenn Sie kein Geld für ein Ticket hatten?“, fragte Richterin Sabine Pilartz. Mario L.s Antwort: Er wisse überhaupt nicht, wie er zu Fuß von Fürth nach Nürnberg komme. Pilartz‘ Tipp: „Einfach die Fürther Straße entlang.“

Weil er sich über längere Zeit nur mit Nebenjobs über Wasser gehalten habe, konnte er sich die Fahrkarten nicht leisten, sagte der Angeklagte. Auch sein restliches Leben ist eher unstet: Weil Mario L. ständig seine Adresse ändert, verlor sogar das Gericht den Überblick, wo genau es die Ladung zum Termin hinschicken sollte.

Aus den früheren Wohnungen sei er leider immer rausgeflogen, erklärte der Angeklagte. „Wahrscheinlich, weil Sie die Miete nicht bezahlt haben“, vermutete die Richterin. Nein, gab Mario L. kleinlaut zu, er habe sich wohl nicht entsprechend verhalten. Seine Mutter, die mit im Gerichtssaal saß, knetete immer wieder ihre Finger und schüttelte den Kopf. Vor der Verhandlung hatte sie resigniert zu ihrem Sorgenkind gesagt: „Wirst du denn nie gescheiter?“

Nach einem Blick ins Vorstrafenregister muss man diese Frage verneinen: Neun Einträge hat Mario L. darin vorzuweisen, wegen Diebstahls, Betrugs und Erschleichens von Leistungen.

Gute Vorsätze hielten vier Tage

Erst im letzten Jahr war er wegen seiner wiederholten Schwarzfahrten zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Doch schon vier Tage später, so hielt ihm die Richterin vor, sei er wieder ohne Ticket mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren. „Dabei hatte Ihnen der Richter damals gesagt, dass Sie sich jetzt absolut nichts mehr leisten dürfen.“

Vor der Urteilsverkündung flehte der geständige Mario S. um Gnade. Er habe jetzt eine Arbeit in Mönchengladbach gefunden. „Die macht mir Spaß, jetzt habe ich endlich etwas, wofür es sich zu kämpfen lohnt.“ Die Richterin konnte er jedoch nicht erweichen.

Wegen Erschleichens von Leistungen in sechs Fällen verurteilte sie den Angeklagten zu fünf Monaten Haft. „Sie versuchen, sich aus allem herauszulavieren, immer sind andere schuld“, sagte sie. Das höre sich für sie wie die Argumentation eines typischen Betrügers an. Als Bewährungsversager mit enormer Rückfallgeschwindigkeit ist die Zeit der Bewährung für Mario L. nun vorbei.

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