Nürnberg hinkt selbstgesteckten Klimazielen hinterher

24.1.2018, 05:56 Uhr
Nürnberg hinkt selbstgesteckten Klimazielen hinterher

© Wolfgang Heißelbetz

Nürnberg steht vor einer Mammutaufgabe. Bis 2020, so die hochgesteckten Ziele, wollte man den Ausstoß von Treibhausgasen um 40 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 reduzieren. "Das wäre selbst mit rigiden Maßnahmen nicht mehr zu schaffen", meint Wolfgang Seitz von der Energieagentur Nordbayern. "Denn die Wirkung würde sich so rasch nicht einstellen." Im Auftrag des Umweltamts hat er eine aktuelle Übersicht zum Stand der Umsetzung des Nürnberger Klimafahrplans erarbeitet – am Mittwochnachmittag beschäftigen sich damit die Stadträte im Nürnberger Umweltausschuss.

Der Horizont des Klimafahrplan reicht dabei noch viel weiter: Bis 2050 sollen die Treibhausgase (THG) eigentlich um 80 Prozent verringert werden. Ein weiterhin ehrgeiziges Vorhaben. Eine näherliegende Messlatte stellt daneben das 20-20-20-Ziel dar. Darauf haben sich Kommunen in einem internationalen Pakt ("covenant of mayors") verständigt. Gemeint ist eine Reduzierung des Energieverbrauchs um 20 Prozent – bisher hat Nürnberg gut 16 Prozent geschafft. Parallel dazu eine Effizienzsteigerung um 20 Prozent und den Bezug von 20 Prozent des gesamten Energieverbrauchs aus erneuerbaren Quellen.

33.000 Megawattstunden Solarenergie

Das für Nürnberg zu bestimmen, ist wegen vielfältiger Verflechtungen gar nicht so einfach. Eine genaue Übersicht existiert allerdings für den in Nürnberg selbst erzeugten Strom und die Wärme aus Sonnenenergie: Seit 2004 war die Zahl der Photovoltaik (PV)-Anlagen steil nach oben gegangen. Mehr als 2500 Anlagen liefern in der Spitze inzwischen bis zu 45.000 Kilowatt – mehr als das 20mal soviel wie vor 14 Jahren. Selbst im eher sonnenarmen Jahr 2016 gaben die Anlagen knapp 33.000 Megawattstunden ab – rein rechnerisch genug zur Versorgung von 8500 Vier-Personen-Haushalten.

Damit stammt zwar nicht einmal jede 60. in Nürnberg verbrauchte Kilowattstunde aus in der Stadt selbst installierten PV-Anlagen; weiteren Öko-Strom bezieht Nürnberg freilich aus dem Umland. „Nachhaltige Fortschritte und Erfolge sind nur im regionalen Zusammenhang zu erreichen“, betont denn auch Nürnbergs Umweltreferent Peter Pluschke – und genau darauf zielt der erst im vergangenen Juli überarbeitete Klimapakt für die Metropolregion ab.

Dennoch sieht die vom Umweltreferat geförderte Solarinitiative noch erhebliche Reserven:

  • Das 2017 verabschiedete sogenannte Mieterstromgesetz soll vor allem einen Schub für PV-Anlagen im Geschosswohnungsbau bringen; ob das gelingt, bleibt abzuwarten.
  • Gute Resonanz lassen die ersten Erfahrungen mit kostenlosen Checks für mittelständische Unternehmen erwarten. Allein die 2017 beratenen Firmen verfügen über 30000 Quadratmeter nutzbare Fläche; knapp zwei Drittel der Betriebe gaben an, in PV-Anlagen investieren zu wollen.

Ein nicht ganz so starker Aufschwung, aber immer noch eine Vervierfachung, war seit 2004 auch bei der Solarthermie zu verzeichnen, also Anlagen zur Heiz- und Warmwasserbereitung. Allerdings gab es seit 2014 keinen nennenswerten Zuwachs mehr – auch weil sich Interessenten alternativ eher für PV-Anlagen zur Eigenstromnutzung entscheiden. Allerdings ist eine genaue Erfassung hier nicht möglich, weil ein Teil der Solarthermie-Anlagen ohne öffentliche Förderung und Vernetzung entsteht und nirgendwo gemeldet werden muss.

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