Nürnberger Erler-Klinik fürchtet um ihre Notaufnahme

22.4.2018, 05:31 Uhr
Noch weist ein Straßenschild dem Rettungsdienst den Weg in die Notaufnahme der Erler-Klinik. Doch weil neue Standards in der Notfallversorgung gelten sollen, steht das Fachkrankenhaus vor einem Problem.

© Claudia Doenitz/Erler-Klinik Noch weist ein Straßenschild dem Rettungsdienst den Weg in die Notaufnahme der Erler-Klinik. Doch weil neue Standards in der Notfallversorgung gelten sollen, steht das Fachkrankenhaus vor einem Problem.

"Ich fühle mich wie vor den Kopf geschlagen!", sagt Markus Stark, der Geschäftsführer der Kliniken Dr. Erler. Das renommierte Fachkrankenhaus ist auf Orthopädie und Unfallchirurgie spezialisiert, rund 35.000 Notfallpatienten werden hier pro Jahr behandelt. Seit Donnerstag steht fest: So wie bisher geht es nicht mehr ewig weiter.

Da beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) von Ärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen, dass Notfallkrankenhäuser zumindest eine Station für Innere Medizin haben müssen, eine Station für Chirurgie und eine Intensivstation. Spätestens 30 Minuten nach seiner Einlieferung muss ein Facharzt am Bett des Notfallpatienten stehen. Diese Standards sollen die Qualität der Versorgung verbessern. Von den heute 1748 Krankenhäusern sollen nur noch 1120 entsprechende Zuschläge bekommen. Für die anderen wird eine Notfallversorgung demnach zum Privatvergnügen.

Die Erler-Klinik erfüllt alle Voraussetzungen - bis auf eine: Sie hat keine Innere Medizin. Weil sie nun einmal auf Orthopädie und Chirurgie spezialisiert ist.

"Das weiß in Nürnberg jeder, kein Rettungssanitäter fährt vorrangig uns an, wenn er einen Herzinfarktpatienten hat", erklärt Dr. Klaus-Dieter Haselhuhn, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Unfallchirurgie. Sollte die Erler-Klinik seinen Status als offizielles Notfallkrankenhaus verlieren, werden nicht nur die Zuschläge für die Notfallpatienten gestrichen. "Wir bekommen einen Abschlag auf das gesamte Patientenklientel!", sorgt sich Dr. Haselhuhn.

Notfallversorgung ist Draufzahlgeschäft

Dabei ist bekannt, dass Notfallversorgung für die Krankenhäuser ein Draufzahlgeschäft ist. Trotzdem wird sie aufrechterhalten, unter anderem aus Gründen des Renommees und auch wegen geschlossener Verträge. So haben Erler-Klinik und die Berufsgenossenschaft eine Vereinbarung, wonach Arbeitsunfälle in das Haus am Kontumazgarten gebracht werden. "Und plötzlich sind wir von Abschlägen betroffen, man entzieht uns quasi von hinten die finanzielle Grundlage der Notfallversorgung", ärgert sich Geschäftsführer Stark.

Er findet es "paradox", dass die Politik Spezialisierungen bei Krankenhäusern gefördert hat - so ist sein Haus nicht nur besonders geübt auf dem Feld der Orthopädie, sondern auch zertifiziertes Traumazentrum -, gleichzeitig aber bei Notfallkrankenhäusern eine Generalisierung durchsetzt. Diese zwei Strategien beißen sich seiner Meinung nach. Ob die Erler-Klinik die Notfallversorgung, die in Zukunft dann noch defizitärer sein wird, dennoch aufrechterhält? "Wir wollen den Teufel nicht an die Wand malen", sind sich Stark und Dr. Haselhuhn einig. Sie betonen aber, dass bei ihnen kein Notfallpatient abgewiesen werde.

Gute Stimmung am Nord- und Südklinikum

Rund 1,5 Kilometer Luftlinie von der Erler-Klinik entfernt ist die Stimmung dagegen prächtig. Im Nordklinikum - und auch am Standort Südklinikum an der Breslauer Straße - sieht man die geforderten Mindeststandards "übererfüllt". Man versorge mehr als 100.000 Notfallpatienten im Jahr und gehöre damit zu den drei größten Notaufnahmen in Deutschland, erklärt Daniel Voigt für das Unternehmen: "Aus medizinischen Gründen hält das Klinikum Nürnberg eine Zentralisierung der Notfallversorgung für sehr sinnvoll."

Dieser Meinung sind auch die Verantwortlichen der Klinik Martha-Maria. "Wir begrüßen die Pläne und Beschlüsse zur Neuordnung der Notfallversorgung in Deutschland", betonen Pastor Markus Ebinger von der Geschäftsführung und Dr. Tobias Götz, Ärztlicher Leiter der Interdisziplinären Notaufnahme. "Von der Neuordnung erwarten wir auch eine auskömmlichere Finanzierung der Notfallversorgung." Die Zuschläge, die aktuell in diesem Bereich gewährt werden, seien "unterirdisch", klagt ein Sprecher.

Etwas zurückhaltender zeigt sich Anja Müller, die Sprecherin des Theresien-Krankenhauses an der Mommsenstraße in Schoppershof. Sie will die Veröffentlichung des gefassten Beschlusses im Bundesanzeiger abwarten. Erst dann sind Details wie die genaue Einstufung der Krankenhäuser und die neuen Höhen der Zuschläge gewiss. Da ihr Haus aber alle bekannten Standards erfülle, "sehen wir dem gelassen entgegen".

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