Nürnberger Familienbetriebe auf großer Einkaufstour

14.5.2013, 06:59 Uhr
Nürnberger Familienbetriebe auf großer Einkaufstour

© Mark Johnston

Es ist zwar ein Beispiel aus der Nachbarstadt Fürth. Aber es ist symptomatisch für die derzeitige Dynamik, die in Familienunternehmen steckt: Die Simba-Dickie-Gruppe hat sich unter der Ägide von Firmenchef Michael Sieber vor allem durch Zukäufe zu einem der führenden Spielwarenhersteller Europas gemausert. Jüngster Coup: Der Kauf der Gesellschaft Valid Trade in Durban, Südafrika. Die in Siso Toys South Africa umbenannte Tochtergesellschaft soll als Brückenkopf für die geplante Erschließung des afrikanischen Marktes dienen.

Wie die Simba-Gruppe suchen derzeit viele Mittelständler Wachstum vorwiegend durch Investitionen in und außerhalb Deutschlands. Sie wollen die globale Präsenz ausbauen und gezielt Wettbewerber übernehmen. Eine aktuelle Studie des Nürnberger Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmens Rödl&Partner bestätigt den ungebrochenen Trend.

„Bemerkenswert ist, dass dabei weniger die Wachstumsmärkte in Asien und Lateinamerika als vielmehr die europäischen Industriestaaten, allen voran Deutschland, und die USA die beliebtesten Zielmärkte bei Akquisitionen sind“, erläutert Christian Rödl, der Geschäftsführende Partner der Kanzlei. Zu den Kauf- und Verkaufsaktivitäten deutscher Familienunternehmen – auch M&A -Aktivitäten genannt – wurden für diese Studie Firmenkunden- und M&A-Berater von Banken und Finanzinstituten weltweit befragt.

Industrie ist wieder in

Grundsätzlich ist dieser Untersuchung zufolge in einigen Ländern ein Trend zur Re-Industrialisierung festzustellen, insbesondere in den USA. Dort ermöglichen die gesunkenen Energiekosten wieder eine wettbewerbsfähige Produktion. „Das Marktumfeld etwa für den Maschinen- und Anlagenbau ist gerade in Nordamerika sehr positiv. Im Windschatten der deutschen Automobilindustrie wagen immer mehr deutsche Zulieferer den Sprung auf den US-Markt. Für Maschinen- und Anlagenbauer ist jetzt die beste Zeit, in die USA zu gehen“, so Björn Stübiger, Leiter des Bereichs Corporate Finance von Rödl&Partner.

Stark gestiegen ist aber auch das Interesse an Unternehmenskäufen in der Türkei. Der boomende türkische Markt hat in den vergangenen Jahren erheblich an Attraktivität gewonnen, erklärt Rödl. Deutsche Unternehmen erschließen sich hier vor allem neue Absatzmärkte, Produkte „Made in Germany“ seien gefragt. Dazu gehört selbst das Dienstleistungsangebot der Nürnberger Spielwarenmesse eG. Die hat jetzt bekanntgegeben, dass sie über ein in der Türkei gegründetes Tochterunternehmen die dortige Spielwaren-Fachmesse Toyzeria übernehmen wird.

Besonders auffällig ist der Untersuchung zufolge das Kaufinteresse deutscher Mittelständler an Betrieben in Krisenländern wie Italien und Spanien. Umfang und Zahl der Transaktionen haben sich nochmals verstärkt. Während bei Unternehmenskäufen in Deutschland zu hohe Kaufpreise oftmals der wichtigste Grund für das Scheitern von Zukäufen sind, hat in Südeuropa die Schuldenkrise zu einem Rückgang der Unternehmenspreise geführt. Entsprechend nutzen deutsche Firmen derzeit die günstigen Einstiegspreise.

Zudem hat in vielen Industriestaaten der Nachfrageeinbruch etwa im Maschinen- und Anlagenbau zu erheblichen Liquiditätsschwierigkeiten geführt. Dies eröffnet die Möglichkeit für deutsche Unternehmen, Anteile zu erwerben. „Die lokalen Banken haben oftmals großes Interesse, den Einstieg deutscher Unternehmen zu finanzieren“, betont Michael Wiehl, Leiter der Transaktionspraxis des Nürnberger Beratungsunternehmens. „Denn dies trägt dazu bei, die Zukunft ihrer Kunden zu sichern.“ Deutsche Unternehmen, so Wiehl, genießen bei den Finanzinstituten im Ausland einen exzellenten Ruf. Das vereinfache die Finanzierung erheblich.

Allerdings sind viele Mittelständler so gesund, dass sie die Banken gar nicht oder nicht alleine brauchen, um ihre Ziele umzusetzen. Im Gegensatz zu den vielerorts zu hörenden Klagen über eine Kreditklemme hat ein Großteil der deutschen Familienunternehmen nur geringe Schwierigkeiten, seine Expansion zu finanzieren.

In 42 Prozent der Fälle geschieht dies durch Eigenkapital. Viele Familienunternehmen verfügen der Studie zufolge über ein so hohes Kapitalpolster und über ausreichend Liquidität, um Firmenkäufe aus eigener Kraft heraus zu stemmen. Darüber hinaus haben diese Unternehmen auch keine Probleme, Bankkredite zu erhalten – zumindest solange sich die Kaufpreise auf einem akzeptablen Niveau bewegen.

Maschinenbau dominiert

Gerade der im Großraum Nürnberg stark vertretene Maschinen- und Anlagenbau dominiert weiterhin das Feld. Deutlich mehr Transaktionen sehen die befragten Banken und Finanzinstitute auch im Energiebereich, insbesondere bei erneuerbaren Energien. Hierzu dürften die Konsolidierung der Branche im vergangenen Jahr sowie verstärkte Käufe und Verkäufe von Projekten und Anlagen wie beispielsweise Windparks und Windkraftanlagen beigetragen haben. Deutlich zugenommen haben zudem auch Aufkäufe im Bereich der Medizintechnik, während die Bedeutung des Dienstleistungssektors spürbar nachgelassen hat.

Für den Nürnberger Kanzlei-Chef Christian Rödl steht fest: „Durch die gezielte Übernahme von Wettbewerbern stärken viele Familienunternehmen nicht nur ihre eigene Marktposition, sie sind häufig für in die Krise geratene Mitbewerber auch der Rettungsanker, mit dem die Fortführung des Unternehmens gesichert werden kann.“ Somit erwiesen sich viele der strategischen Investitionen „als Segen auch für die übernommenen Unternehmen“.

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