Nürnberger Prostituiertenmörder: Ist er sadistisch gestört?

20.6.2018, 05:36 Uhr
Um seine Verbrechen zu verschleiern, legte Felix R. im Anschluss mit Teelichtern und Toilettenpapier Feuer in den Wohnungen. Während sein erstes Opfer zu der Zeit bereits tot war, erstickte die zweite Frau qualvoll.

© NEWS5 / Grundmann Um seine Verbrechen zu verschleiern, legte Felix R. im Anschluss mit Teelichtern und Toilettenpapier Feuer in den Wohnungen. Während sein erstes Opfer zu der Zeit bereits tot war, erstickte die zweite Frau qualvoll.

Was man mit dem Täter machen solle, der Yenna (22) am 25. Mai 2017 mit Schnürsenkeln strangulierte und Miyoko (44) am 5. Juni während des Geschlechtsakts erdrosselte? Felix R. selbst forderte die Todesstrafe – am 9. Juni beim Verhör mit der Kriminalpolizei. Er stand unter Tatverdacht, doch muss zu diesem Zeitpunkt noch geglaubt haben, nicht aufzufliegen. Sechs Stunden später hielt er dem Druck des Verhörs nicht mehr stand, räumte schluchzend beide Taten ein.

Ein gutes Jahr später versucht Psychiater Michael Wörthmüller in der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth zu ergründen, was Felix R. zu den Verbrechen trieb. Tötete er die Frauen, um seinen Geschlechtstrieb zu befriedigen, wie ihm Oberstaatsanwalt Thomas Weyde vorwirft? Handelte er heimtückisch und aus Habgier? Wollte er sich selbst Diebstähle - laut Anklage entwendete er den Frauen Bargeld und ein Handy - ermöglichen?

Felix R. selbst will sich vor Gericht über sein Motiv und die Umstände der Tat nicht äußern, während des Ermittlungsverfahrens hatte er einen Streit um Geld behauptet.

Kein Gespür für andere

Wörthmüller beschreibt Felix R. als schizoide Persönlichkeit – nicht zu verwechseln mit Schizophrenie. Gespalten sei hier hauptsächlich Denken und Fühlen, R. kann wohl nur sehr schwer Zugang zu seinen Gefühlen finden. Schizoide Persönlichkeiten seien emotional wenig beteiligt, verantwortungslos, Regeln scheren sie kaum, ihren Lebensstil pflegen sie häufig zulasten Dritter – all dies trifft auch auf Felix R. zu.

Um Missverständnisse zu vermeiden: Er leidet weder an einem Hirnschaden noch an einer Psychose, ihn plagen keine Wahnvorstellungen – doch als schizoide Persönlichkeit sei er ein kühler, distanzierter Charakter, ihm fehle es an Gespür für andere Menschen, nur wenige Dinge bereiten Personen wie ihm Freude. Bemerkenswert sei jedoch seine Anpassungsleistung, der Psychiater nennt Felix R. intelligent. Auffällig sei, wie unauffällig Felix R. bislang gelebt habe, die psychopathischen Anteile seiner Persönlichkeit wohl überspielen konnte.

Flucht in die "World of Warcraft"

Felix R. hatte sich in die Fantasiewelt von "World of Warcraft", ein gewaltverherrlichendes Computerspiel, geflüchtet. In dieser virtuellen Welt erzielte er Bestmarken – und entfernte sich weit von dem arbeitslosen, straffällig gewordenen Jugendlichen, der in einer Sozialpension lebte, weil er zu Hause rausgeflogen war. Gleichzeitig sah er via Internet etwa 500 "Snuff-Videos", Filme, in denen Menschen vor laufender Kamera gequält und getötet werden – "Videos die andere Menschen entsetzen", so der Psychiater. Anders Felix R.: Er schilderte, dass die Opfer in der Realität genauso ausgesehen hätten.

Die schizoide Persönlichkeit des Felix R. allein habe keine Auswirkungen auf dessen Schuldfähigkeit – denkbar sei, so der Gutachter, dass R. auch unter einer sexuell-sadistischen Störung leide. Allein eine Freiheitsstrafe im Gefängnis genüge nicht, aus Felix R. einen Menschen zu machen, der anderen nicht mehr gefährlich werde. Der Prozess wird fortgesetzt.