Nürnberger Staatstheater: Hier wird Multi-Kulti gelebt

3.5.2015, 03:29 Uhr
Nürnberger Staatstheater: Hier wird Multi-Kulti gelebt

© Horst Linke

Dass der Chef ein stolzer Eidgenosse ist, kann jedermann leicht entdecken. Prangt doch direkt unterhalb des Dienstzimmers des obersten Theaterhausherrn an der Außenfassade das Schweizer Wappen. Denn seit 2012 ist Peter Theiler Honorarkonsul für sein Heimatland. Der Amtsbereich umfasst genau die drei fränkischen Regierungsbezirke.

Fast hat solch ein Einsatz schon Tradition am Haus. Auch der ehemalige Generalmusikdirektor Philippe Auguin diente auf diese Weise seiner Nation, in diesem Fall Frankreich. Ein Land, das Peter Theiler auch sehr gut kennt, war er doch eine Zeit lang Betriebsdirektor und Regisseur an der Oper in Auguins Geburtsstadt Nizza. Mit Ausnahme einer Tätigkeit für das Opernhaus in Genf hat Theiler ohnehin fast sein gesamtes Berufsleben im Ausland verbracht.

Gut kann sich der 58-Jährige noch an die Zeit erinnern, als er alle zwei Jahre seine Arbeitserlaubnis verlängern lassen musste. „Aber das hat sich durch den Beitritt der Schweiz zum Schengen-Abkommen erledigt“, ist der Theatermann sichtlich froh über diese Befreiung von Bürokratie.

Andererseits strebt die Schweizerische Volkspartei den Austritt aus dem Schengen-Verbund an. Sollte das glücken, benötigten Bundesdeutsche dann wieder ein Visum für die Schweiz und Theiler würde seine unbefristete Arbeitserlaubnis verlieren. „Aber noch ist das alles nicht soweit“, gibt sich Theiler hoffnungsfroh. Gefremdelt hat der sprachbegabte Baseler im Lande Bachs und Wagners ohnehin nie. „Als Kind haben wir meistens ARD geschaut und ich habe mir sogar die politischen Debatten im Bundestag angesehen.“ Da ging es meist lautstärker zu als im Berner Bundeshaus.

Nürnberger Staatstheater: Hier wird Multi-Kulti gelebt

Trotz der deutlich zu spürenden Bodenständigkeit hält er die Franken für ein offenes Volk. Und besonders die Integrationsleistung, die Nürnberg schultert, nötigt Theiler großen Respekt ab. „Man kann es drehen und wenden wie man will: Franken war immer ein Durchgangslandstrich. Da muss man nicht zuletzt an die sicher nicht einfache Aufnahme der Hugenotten etwa in Bayreuth, Erlangen oder Schwabach erinnern“, meint der gelernte Historiker.

Herkunft ist nicht alles

Nationalstolz dürfe jeder haben, aber nationalistische Töne hätten in seinem Hause nichts zu suchen, unterstreicht Theiler. „Denn am Ende zählt doch gar nicht, wo einer herkommt, so wichtig das für die einzelne Biografie auch ist, sondern wie er auf die Menschen zugeht und mit ihnen zusammenarbeitet.“

Und da, findet Theiler, hat das Theater vielen anderen Unternehmen etwas voraus: „Theaterleute, ob vor, auf oder hinter der Bühne, empfinden sich weltweit als Familie. Da gibt es natürlich auch mal Zoff, aber im Grunde kommt man dadurch schneller an als anderswo.“ Er selbst hat sich in seinen sieben Jahren in Nürnberg ein großes Netzwerk geschaffen und wagt es daher sogar in „Feindesgebiet“ zu wohnen: Auch Fürth hat im Laufe seiner Geschichte viele Zugereiste beherbergt. Warum nicht auch einen Eidgenossen?

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