Nürnberger Verein kritisiert Asylpraxis bei Schwulen

16.5.2017, 14:00 Uhr
Ein Nürnberger Verein beklagt gehäufte Asylablehnung für Homosexuelle.

© dpa Ein Nürnberger Verein beklagt gehäufte Asylablehnung für Homosexuelle.

Im letzten Monat seien allein in Nürnberg sechs Asylanträge von jungen Homosexuellen negativ beschieden worden, erklärt Michael Glas, Geschäftsführer von "Fliederlich". Der Verein betreibt seit einem Jahr in Nürnberg eine Unterkunft für schwule, bi- oder transsexuelle Flüchtlinge und unterstützt circa 60 Menschen.

Ein 24-jähriger Tschetschene, der sich "Said" nennt, lebt schon seit 2013 in Deutschland. Dabei wäre er gerne zu Hause geblieben, wo es ihm als gelerntem Kaufmann gut gegangen sei. Doch er sei von "Schlägertrupps der Regierung" mit Stromschlägen gefoltert worden, sie hätten ihm mit einer Schafschere die Haare abgeschnitten und ihn als "Tier" bezeichnet. Er sei deshalb nach Moskau geflohen, wo er als Tschetschene ebenfalls diskriminiert worden sei. Also reiste er weiter nach Deutschland, doch sein Asylbegehren wurde abgelehnt. Sollte er abgeschoben werden, fürchtet er erneute Folter. "Am besten wäre es für mich, wenn sie mich einfach nur umbringen", sagt er.

Ralph Hoffmann, Vorstand von "Fliederlich", geht davon aus, dass der politische Druck auf die Behörde, in kurzer Zeit viele Fälle abzuarbeiten, zu einer Verschärfung führt. Vor 2016 seien Asylanträge von Homosexuellen in der Regel durchgegangen. Das Bamf wies die Vorwürfe gegenüber der Deutschen Presseagentur zurück. Schutz werde gewährt, wenn der Antragsteller glaubhaft mache, dass bei einer Rückkehr in das Herkunftsland schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen drohten.

Homosexualität nicht anerkannt?

Für einen "Skandal" hält Hoffmann, dass das Bundesamt den vom Verein betreuten Männern teils unterstelle, sie seien gar nicht schwul. Er sei in allen Fällen absolut sicher, dass die Homosexualität nicht vorgeschoben ist. Im Ablehnungsbescheid eines Irakers, der den NN vorliegt, schreibt die Behörde, es gebe „große Zweifel“ an der „angeblichen Homosexualität“. Seine Geschichte wirke konstruiert, teils habe er widersprüchliche Angaben gemacht, so die Begründung.

Hoffmann gibt zu bedenken, dass es den Männern aufgrund bitterer Erfahrungen häufig sehr schwerfalle, sich vor einer Amtsperson zu outen und Intimes preiszugeben. Bei einem homosexuellen Kurden aus dem Irak lehnte das Bamf den Antrag auf Asyl ab, weil die Misshandlung durch Polizisten Jahre zurücklag und er doch in der autonomen Region Kurdistan „weitgehend“ geschützt leben könne.

Der Europäische Gerichtshof hatte 2013 geurteilt, dass Homosexuelle Anspruch auf Asyl haben, wenn in ihrem Heimatland Freiheitsstrafen aufgrund der sexuellen Orientierung verhängt werden. Mit der Unterkunft für Flüchtlinge war „Fliederlich“ nach eigenen Angaben bundesweit Vorreiter. Allerdings läuft der Mietvertrag der derzeitigen Unterkunft aus, der Verein sucht nach einem neuen Objekt in Nürnberg.

Dieser Artikel wurde am 16. Mai um 14 Uhr aktualisiert.

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