Nürnbergs OB-Maly ist gegen Fahrverbote für Dieselautos

12.8.2018, 05:55 Uhr
Für den Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly ist es eigentlich keine Option, dass Straßen für Dieselfahrzeuge gesperrt werden.

© Michael Matejka Für den Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly ist es eigentlich keine Option, dass Straßen für Dieselfahrzeuge gesperrt werden.

 Während in Hamburg und Stuttgart Fahrverbote für ältere Dieselautos verhängt werden, ist Maly sicher, dass das in Nürnberg nicht mehr benötigt wird, um die Grenzwerte einzuhalten. Er stützt sich dabei auf den Masterplan Luftreinhaltemanagement und auf ein Gutachten für die erweiterte Umweltverträglichkeitsstudie zum kreuzungsfreien Ausbaus des Frankenschnellwegs. Maly hatte sich in der Vergangenheit schon öfter zum Diesel-Skandal geäßert und klar Stellung bezogen.

Beide Gutachten sagen aus, dass Umstellungen und Updates der Software in Dieselautos, die derzeit vorgenommen werden, dann die aktuellen Überschreitungen des Grenzwerts beim Stickstoffdioxid um drei bis vier Mikrogramm absenken werden. "Wenn das stimmt, dann würden wir bei fast alle Messstellen außer bei Extremwetter unter die 40 Mikrogramm kommen", sagt Maly im Gespräch mit der Nürnberger Zeitung. Das ist der Grenzwert pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel.

In Nürnberg wird dieser Wert am mittleren Ring um zwei bis drei Mikrogramm überschritten. Laut Maly hat die Stadt alle möglichen Maßnahmen zur Senkung des Stickstoffdioxids bei den Berechnungen berücksichtigt. Dazu gehören die Umstellung des gesamten Linienbusverkehrs auf Elektrobusse und der Ausbau des ÖPNV. Das würde zu einem weiteren Rückgang von sechs bis acht Mikrogramm führen. "Wenn wir von 42 auf 34 oder 36 Mikrogramm kommen, dann können wir uns auf die Liste der glücklichsten Großstädte schreiben lassen", freut sich Maly.

Hohe Hintergrundbelastung

In Nürnberg liegt die Hintergrundbelastung mit Stickstoffdioxid schon bei rund 20 Mikrogramm. Zwischen 34 und 36 Mikrogramm wären deshalb ein guter Wert. "Wir glauben, dass die Stadt ohne Fahrverbote auskommt", so Maly. Auch der kreuzungsfreie Ausbau des Frankenschnellwegs werde eine ökologische Funktion haben, der werde die Werte von Luft und Lärm verbessern.

Der OB kündigte an, dass in den nächsten Monaten Stadtrat und Stadtverwaltung sich die Altstadt genauer anschauen, wo es etwas zu verbessern gibt. "40 Jahre nach Vollendung der Fußgängerzone werden wir durch die Altstadt laufen und schauen, ob etwas verbessert werden kann", so der OB. Maly denkt dabei an Parkflächen als auch an die Färberstraße, die, obwohl sie an einer Stelle gesperrt ist, von 440 Autos am Tag befahren wird. "Kann man das unterbinden?", fragt Maly.

"Muss die Maxbrücke offen bleiben, über die fast keiner fährt, wo aber sehr viel Touristen stehen und fotografieren?" Das Potenzial des Weinmarkts werde nicht genutzt. "Wenn man ihn verändert, was passiert dann mit dem Verkehr?" Mehr Fußgänger wären für die Einzelhändler wahrscheinlich ein Segen. Die Fehler von früher, als der Bürger das Gefühl hatte, verkehrspolitisch gegängelt zu werden, will der OB aber nicht wiederholen.

Zumindest infrage stellen will Maly die "Porsche- und Cabriolet-Schau" am Tiergärtnertorplatz, die jeden Abend stattfindet. "Sie muss es meiner Meinung nach nicht geben." Ziel- und Quellverkehr für die Anlieger will er nicht ändern. Es soll keine zwanghafte Trennungen vom Auto geben. Es geht ihm um den Durchgangs- und Parksuchverkehr, der nicht benötigt wird.

Innenstadt soll schöner werden

Auch der Hallplatz, der Egidienberg und die sechs Spuren breite Straße Am Gräslein, neben dem Germanischen Nationalmuseum, können eine Aufwertung vertragen. "Den Verbesserungsbedarf sieht jeder von uns. Es muss nicht immer nur der Rückbau der Straße oder der Rückbau von Parkplätzen sein, es kann auch nur die klügere Gestaltung sein", sagt Maly. Wenn der Obstmarkt saniert wird, dann sollen auch die Verkehrsbeziehungen im Osten der Altstadt, die ehemalige "Steppe", einmal genau angeschaut werden. "Muss es die Durchgangsverbindung über die Bindergasse, Judengasse zum Laufer Schlagturm geben, oder genügt für das Gebiet eine Ziel- und Quell-Erschließung?"

Maly möchte eine Agenda für die Altstadt zusammenstellen, wo man sich Veränderungen vorstellen kann und, wo man es besser machen kann. Danach müsse man mit den Bürgern überlegen, was gemacht wird, wie es gemacht wird und wann. Der Prozess soll mit dem Sebalder Platz begonnen werden. Anlieger, Anwohner, Gastronomen und Einzelhändler sollen zu einem Workshop eingeladen werden und gefragt werden, ob sie mit der Situation zufrieden sind, oder ob sie Veränderungen wollen.

Überlegt wird derzeit auch, den städtischen Stellplatzschlüssel zu differenzieren. Dieser legt fest, wie viel Parkplätze bei einem Neubauvorhaben gebaut werden müssen und wie viele bei der Stadt finanziell abgelöst werden können. Rechtlich ist ein differenzierter Stellplatzschlüssel schwierig, denn es darf niemand diskriminiert werden. Ziel ist, so Maly, die Zahl der Parkplätze niedrig, aber lebensgerecht zu halten. "Wir machen selten die Erfahrung, dass der Stellplatzschlüssel zu großzügig ist, meistens ist er zu knapp bemessen." Bei Studentenwohnungen oder bei dicht besiedelten Quartieren ist das der Fall. Diskutiert wird in der Stadtverwaltung, ob weniger Stellplätze gebaut werden können, wenn stattdessen alternative Mobilitätskonzepte angeboten werden.

Parkplatzproblem soll sich nicht verlagern

"Stellplätze werden aber auf keinen Fall komplett wegfallen." Es spielen dabei der Fahrradverkehr, der Fußgängerverkehr und der ÖPNV eine Rolle. Bei der Entwicklung der Universität an der Brunecker Straße ist eine wichtige Frage, wie viel Stellplätze überhaupt benötigt werden, wenn eine "autoarme" Hochschule angestrebt wird. "Die Zulieferung von außen ist natürlich zulässig. Es soll aber keine Straßen durch das Universitäts-Gelände geben."

Auch beim Umbau des ehemaligen Quelle-Versandzentrums könnte ein differenzierter Stellplatzschlüssel zur Anwendung kommen, denn der U-Bahnanschluss liegt im Haus. Wenn weniger Stellplätze nachgewiesen werden, dann müsste es im Gegenzug für Mieter und Käufer von Eigentumswohnungen ein Quartiersticket von der VAG geben. "Die Stadt will das Parkplatzproblem nicht in die umliegenden Straßen verlagern."

Der Bau von Wohnungen hat in Nürnberg zwar seit zweieinhalb Jahren deutlich zugelegt, doch der Bedarf ist noch wesentlich größer. Laut Maly war es klar, dass die Zahl der Baugenehmigungen nicht schnell von 1200 auf 3000 steigt. "In den nächsten Jahren werden es aber deutlich über 2000 pro Jahr sein." Es müsse jedoch darauf geachtet werden, dass das städtische Freiraumkonzept auch umgesetzt wird. "Wir muten den Menschen viele neue Mauern zu. Wir müssen die Balance halten und mit dem Quelle-Park, der Grünfläche an der Schleswiger Straße und dem Park an der Brunecker Straße die Stadt aufwerten. Sonst haben die Menschen das Gefühl, dass die Lebensqualität in der Stadt abnimmt."

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