Rammte ein Lkw-Fahrer in Nürnberg absichtlich ein Auto?

25.4.2018, 07:00 Uhr
Das Gericht war nicht von einem vorsätzlich begangenen Unfall überzeugt. (Symbolbild)

© Archiv Das Gericht war nicht von einem vorsätzlich begangenen Unfall überzeugt. (Symbolbild)

Der Anklagevorwurf klingt ungeheuerlich: An einem Nachmittag im Januar wartet ein Lastwagenfahrer hinter einem Fiat darauf, dass die Ampel auf "Grün" umspringt - und als die Fahrerin ihren Kleinwagen nicht sofort in Bewegung setzt, drückt er auf die Hupe. Der Mann setzt seinen dicken Lkw gegen den Fiat, rammt ihn wie eine Bowlingkugel von der Fahrbahn, schiebt ihn gegen den Bordstein.

Noch heute, ein Vierteljahr später, so schildert die Fahrerin vor Verkehrsrichter Siegfried Spliesgart, gehe sie zweimal in der Woche zur Krankengymnastik, durch den Unfall erlitt sie ein Schleuder-Trauma, drei Wochen trug sie eine Halskrause, bis heute sei sie total verspannt. Mehr als 9000 Euro kostete die Reparatur des Fiats, sie habe das Auto verkauft, so die junge Mutter (29). Im Amtsgericht, das als Schöffengericht tagt, betont sie, vor allem froh zu sein, dass ihrem kleinen Töchterchen auf dem Beifahrersitz nichts passiert sei.

Ein Zeuge, der 56-Jährige saß hinter dem Steuer eines VW-Transporters, stand ebenfalls an der Ampel an der Autobahnausfahrt Richtung Hafen. Er hatte sein Fenster zum Rauchen geöffnet - das Hupkonzert des Lkw-Fahrers will er "genau gehört" haben. Er ist überzeugt: Dem Lkw-Fahrer brannten die Sicherungen durch. Der Zeuge kümmerte sich um die junge Frau, merkte sich, zumindest teilweise, das Autokennzeichen des Verkehrsrowdys und alarmierte die Polizei. Der mutmaßliche Chaot, ein 57-jähriger Lkw-Fahrer einer Spedition, war rasch ermittelt. Bei der Polizei, dort wurde auch sein Führerschein beschlagnahmt, bestritt er zunächst, überhaupt vor Ort gewesen zu sein.

Hupkonzert hat niemand gehört

Im Amtsgericht entschuldigt er sich nun bei der jungen Frau, ihren Fiat will er nicht gesehen haben. Er habe zwar einen Knall gehört, vermutete jedoch damals, so behauptet er, dass die Ladung (er transportierte vier Tonnen Stückgut) im Inneren des Lkw rutschte. Auf keinen Fall habe er die Frau absichtlich gerammt.

Das Hupkonzert hatte außer dem Zeugen niemand gehört, auch die Geschädigte schilderte davon nichts. So konnte sich das Schöffengericht nicht von einem vorsätzlich begangenen Unfall überzeugen - und verurteilte den Lkw-Fahrer wegen fahrlässiger Körperverletzung und unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe.

Weil der Gesetzgeber will, dass Menschen mit unterschiedlichem Einkommen gleichermaßen hart bestraft werden, wird bei verhängten Geldstrafen das durchschnittliche Einkommen pro Tag ermittelt - die hier ausgesprochenen 65 Tagessätze sind also umgerechnet als zweieinhalb Monatsgehälter zu verstehen. Dazu wurde eine Sperre der Fahrerlaubnis von sechs Monaten verhängt.