Schlagerdiva Helene Fischer als Showkatze

4.7.2013, 06:59 Uhr
Eine Powerfrau wird auf Händen getragen: Helene Fischer in der Nürnberger Arena.

© Hans von Draminski Eine Powerfrau wird auf Händen getragen: Helene Fischer in der Nürnberger Arena.

Irgendwann bricht der Damm. Dann bekommt Helene von ihren Fans unglaublich viele Blumen. Und noch mehr Schokolade. So viel, dass die charmante Showkatze für einen Moment sprachlos ist. Oder zumindest sehr perfekt die Verblüffte zu spielen versteht. Ihren Sympathiebonus steigert dies um 1000 Prozent. Mindestens.

Seit über sieben Jahren ist die 1984 in Krasnojarsk geborene Künstlerin mittlerweile im Schlager-Geschäft. Die Tochter russlanddeutscher Eltern legte eine steile Solokarriere hin — mit Musik zwischen seichtem Dudelfunk-Volksmusikschlager und anspruchsvollem Chanson, Ohrwürmern mit Deutschpop-Anklängen und Bühnen-Songs, die für die staatlich geprüfte Musicaldarstellerin Helene Fischer die zeitweilige Rückkehr in ihre eigentliche Domäne markieren.

Ihre erstaunlich unverkrampft an den Tag gelegte Vielseitigkeit hat dafür gesorgt, dass die blauäugige Chanteuse mit dem kraftvollen Vier-Oktaven-Soulorgan im Laufe der Jahre ganz unterschiedliche Hörerschichten für sich einnehmen konnte.

Denn neben den Konsumenten jener Volksmusik-Fernsehunterhaltung, die Helene Fischer auch gerne mit ihrem Lebensgefährten, dem Moderator Florian Silbereisen, bestreitet, pilgern auch Popmusik- Anhänger und Musicalfreunde in die Konzerte der 28-Jährigen, die — nicht aus Versehen — das Flair eines unkomplizierten „Mädchens von nebenan“ verbreitet.

Große Geste

Dass um sie herum die aufwendige Maschinerie einer ganz großen Show mit großem Tanzensemble, vielköpfiger Band, Licht-, Laser- und Projektionseffekten läuft, macht Helene Fischer längst nicht mehr nervös. Sie beherrscht die große Geste der mondänen Diva ebenso wie die fast greifbare Illusion intimer Momente, in denen sie erstaunlich privat wird und sich mit ehrlich wirkender Anteilnahme die Geschichten derer anhört, die ihr am Bühnenrand mit Geschenken oder selbstgestalteten Karten und Briefen huldigen.

Nur eine Facette einer Künstlerpersönlichkeit, die sich nicht in eine Schublade stecken lässt, einer Powerfrau, die mit Robbie Williams’ „Let Me Entertain You“ an einem Luftballonbündel schwebend auf die Bühne kommt, im bunten Laserkegel stehend Leonard Bernsteins „Somewhere“ aus der „West Side Story“ zur Gänsehautnummer macht und sogar ihr relativ sanftes Cover des Tote-Hosen-Hits „Tage wie diese“ ohne Peinlichkeit über die Rampe zu bringen versteht.

Helene Fischer eint die Rocker und die Softies, die Realisten und die Träumer. Eine Brückenbauerin, der man für ihr Zuviel an Glamour nicht böse sein kann. Wenn sie im Hippiefummel 70er-Jahre-Schlager singt, dann ist das die totale Nostalgie-Dröhnung.



Und wenn sie mit dem Frontmann ihrer Flensburger Vorband „Santiano“ den alten Filmhit „Who’ll come with Me“ in einer knackigen deutschen Version anstimmt, bleibt kein Auge trocken. Helene bleibt ein Phänomen...

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