Schüler im G8: Zwischen Schulstress und Freizeit

27.2.2017, 06:00 Uhr
Schüler im G8: Zwischen Schulstress und Freizeit

© Eduard Weigert

Gernot Neuschröer ist gar nicht gut auf das Thema G8 zu sprechen. Wenn der Judo-Trainer des Post SV seine Athleten auf Wettkämpfe begleitet, erlebt er oft, dass sie ihre Schulbücher dabei haben und versuchen, im Auto oder zwischen den Kämpfen zu lernen. "Sie sind zu jeder Tageszeit mit Schule beschäftigt und haben keine Zeit mehr zum Durchatmen", kritisiert der 45-Jährige.

Eines der Judo-Talente ist Sabrina Schneider. Die 14-Jährige besucht die neunte Klasse des Melanchthon-Gymnasiums und geht zweimal pro Woche ins Training. Zumeist erst ab 20 Uhr mit den Erwachsenen, da sie dienstags bis 16.30 Uhr Unterricht hat und sich danach auf den nächsten Schultag vorbereiten muss.

"Es ist schwierig, alles unter einen Hut zu bekommen", klagt die 14-Jährige. Ihr wäre es lieber, an längeren Schultagen weniger Hausaufgaben zu bekommen, damit mehr Zeit bleibt, um Vokabeln zu pauken. Am humanistischen Gymnasium lernt sie mit Latein, Englisch und Alt-Griechisch gleich drei Sprachen.


Durchfaller und Abi-Schnitt: Der Zahlencheck zum G8


"Ich bewundere, wie Sabrina das alles schafft", sagt ihr Coach Gernot Neuschröer. Er hat festgestellt, dass viele Eltern ihre Kinder aus dem Training nehmen, sobald es in der Schule mal nicht so läuft. "Das ist kontraproduktiv. Gerade dann brauchen sie den Sport als Ausgleich."

Was für Neuschröer der Sport ist, ist für Marcus Popp die Musik. "Wenn ich aus der Chorprobe gehe, bin ich wie ein neuer Mensch", schwärmt der 14-Jährige vom Jugendchor der Musikschule Nürnberg. Schulische Probleme scheint der Neuntklässler des Wilhelm-Löhe-Gymnasiums aber ohnehin nicht zu haben: "Ich kann mich nicht beschweren. Ich habe nur einmal in der Woche bis 17 Uhr Nachmittagsunterricht." Und dann gibt es auch keine Hausaufgaben für Fächer, die am nächsten Tag anstehen. Dass Mitschüler über das G8 schimpfen, bekommt er hin und wieder mit. "Das ist aber alles eine Sache der Organisation", sagt Popp.

Druck nimmt zu

Auch Florian Hüßner singt schon lange in der Musikschule. Die Umstellung von der neunten auf die zehnten Klasse am Willstätter Gymnasium habe er deutlich gespürt. Jetzt, da das Abitur langsam in Sichtweite kommt, habe er viel mehr zu tun. "Der Druck nimmt unglaublich zu", sagt der 15-Jährige.

Rudolf Wundling, Leiter der Musikschule, stellt fest, dass die Absprungquote unter den Jugendlichen deutlich höher geworden sei. Dass immer weniger junge Menschen bereit seien, zusätzlichen Aufwand in der Freizeit zu betreiben, hält er für ein Resultat der gestiegenen schulischen Belastung.

Keine Kommentare