So steht es um die Flüchtlingsunterkünfte in Nürnberg

29.9.2018, 05:46 Uhr
Zur Hochzeit der Migrationskrise platzten die Sammelunterkünfte aus allen Nähten. Das hat sich geändert.

© dpa Zur Hochzeit der Migrationskrise platzten die Sammelunterkünfte aus allen Nähten. Das hat sich geändert.

Die Stadtverwaltung sieht und nutzt den Rückgang als Chance, sich vorrangig von unzumutbaren Domizilen zu trennen. Eins der wichtigsten Kriterien: Trotz der beengten Verhältnisse sollen Kinder und Jugendliche möglichst etwas Platz und vor allem Ruhe zum Lernen finden.

"Qualitatives Belegungsmanagement" nennt das Sozialreferat denn auch die Strategie in einem Bericht für den Stadtrat. So soll die Zahl der städtischen Gemeinschaftsunterkünfte bis zum Jahresende von 160 auf gut 130 sinken — mit dann noch 7360 Plätzen. Für das kommende Jahr ist ein weiterer Rückgang auf dann noch gut 80 mit insgesamt 6400 Plätzen vorgesehen. Dazu kommen jeweils noch die staatlichen Aufnahmestellen. Allerdings müssen sich mehr als 5000 Menschen schon seit mehr als drei Jahren mit Plätzen in Massenbehausungen begnügen, die eine schwere Bürde für das Familienleben ebenso darstellen wie für Schulerfolg und Ausbildung, nicht zuletzt für alle Integrationsbemühungen. Das Spektrum der Einrichtungen reicht von kleinen Einheiten mit 20 Plätzen für einige Familien bis zu den "Massenquartieren" für einige Hundert Geflüchtete.

Langfristige Verträge

Gemeinschaftsquartiere unter städtischer Regie gibt es seit Frühjahr 2014. Damals hatte die Regierung von Mittelfranken, bis dahin allein Trägerin derartiger Einrichtungen, die Kommunen aufgefordert, selbst geeignete Objekte zu finden — und das möglichst rasch. Unter hohem Druck schloss die Stadt mit den Eigentümern sogenannte Beherbergungsverträge ab – und das teilweise erst für die Zukunft.

Der letzte derartige Vertrag, so das Sozialreferat, sei im April 2016 abgeschlossen worden. Einige davon werden freilich erst jetzt noch wirksam, weil die jeweiligen Räume und Gebäude zum Teil erst geräumt oder auch umgebaut und hergerichtet werden mussten. Deshalb werden weiterhin nicht nur ältere Unterkünfte aufgegeben, sondern punktuell auch neue in Betrieb genommen, die sich die Stadt schon früher gesichert hatte – vor allem, wenn die Konditionen günstiger sind. Für 2018 sind das vier Objekte mit knapp 900 Plätzen, im kommenden Jahr noch einmal zwei mit 550 Plätzen. Unterm Strich aber werden 1500 Plätze aufgegeben.

Verlegungen und Verschiebungen bleiben damit an der Tagesordnung, wobei auch eine Reserve einkalkuliert ist – schließlich gibt es keine Gewähr, dass die Stagnation anhält. Dabei teilen sich in den kommunalen Unterkünften nun höchstens vier Personen ein Zimmer; zum Teil bleiben ganze Etagen für Menschen im Lern- und Ausbildungsprozess reserviert, so etwa an der Regensburger und in der Edisonstraße. Größere Gruppen- und Gemeinschaftsräume sind vor allem dort gefragt, wo es aktive Helferkreise gibt, wie etwa am Schleifweg.

Drückender Engpass

Dabei könnte und würde sich die Stadt am liebsten noch von mehr Sammelunterkünften trennen, wenn anerkannte Asylbewerber und Menschen mit Flüchtlings-Schutzstatus bessere Chancen hätten, auf dem regulären Wohnungsmarkt Fuß zu fassen. Mit der Anerkennung müssen sie sich beim Jobcenter melden – und sollen aus der Sammelunterkunft ausziehen. Im Bürokratendeutsch werden sie als "Fehlbeleger" bezeichnet – aktuell sind das schon 2500 Menschen, weitere 600 Asylbewerber mit hoher Bleibeperspektive dürften demnächst noch dazukommen. Doch günstige Wohnungen für diese rund 1500 Haushalte sind nicht zu finden.

Zur Entlastung hat die Fachstelle für Flüchtlinge beim Sozialamt das Projekt "Übergangswohnen" ins Leben gerufen. Dabei will die Stadt über Nutzungsverträge mit Betreibern von aufgegebenen Gemeinschaftsunterkünften die Räume anschließend an Flüchtlingsfamilien vermieten. Voraussetzung ist, dass abgeschlossene Wohneinheiten mit eigener Küche und separaten Sanitärräumen vorhanden sind oder sich schaffen lassen.

Eine Stütze der Betreuung bleibt – neben den derzeit rund 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Asylsozialberatungen – der Einsatz von immer noch zahlreichen Freiwilligen. Eine davon wird als Ehrenamtliche des Monats September ausgezeichnet (siehe Seite 13). Schwer zu bestimmen ist unterdessen, wie viele Geflüchtete bereits einer Beschäftigung nachgehen, weil die entsprechenden Statistiken nach dem Arbeits- und nicht dem Wohnort geführt werden und die "Hauptasylländer" dabei nicht speziell erfasst werden.

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