Stadt geht gegen Trinkerszene am Hauptbahnhof vor

23.6.2018, 05:48 Uhr
Der Platz vor der Osthalle ist immer noch ein Treffpunkt der Trinkerszene. Die Stadt will nun dagegen vorgehen.

© Martin Regner Der Platz vor der Osthalle ist immer noch ein Treffpunkt der Trinkerszene. Die Stadt will nun dagegen vorgehen.

Zwar sei es gelungen, in der Königstorpassage eine spürbare Entspannung zu erreichen, so die übereinstimmende Beurteilung von Polizei und Hilfsorganisationen. Aber von einer Zerstreuung – wie sie aktuell für die Drogenszene zu beobachten ist - kann offenkundig nicht die Rede sein: Als Treffpunkt beliebt sind weiter die Plätze vor der Ost- und der Mittelhalle - was bei vielen Passanten ein Unbehagen auslöst.

Alkoholverbot wird weiter ausgeweitet

Als nächster Schritt ist deshalb jetzt die Ausweitung des Alkoholverbots geplant. Bisher ist der Konsum außerhalb von Gaststätten in der Passage wie im Umfeld des Hauptbahnhofs zwischen 22 und 6 Uhr tabu. Nach dem Landesstraf- und Verordnungsgesetz war die Voraussetzung dafür, dass es alkoholbedingt regelmäßig zu Ordnungswidrigkeiten und Straftaten kommt. In den meisten Fällen handelt es sich um Auseinandersetzungen unter den Beteiligten. Allein in diesem Zeitraum sprach die Polizei im Laufe eines Jahres außerdem mehr als 1000 Platzverweise aus.

Neuerdings aber sind Beschränkungen nicht nur in den Nachtstunden zulässig. Dabei sind sie weiter an den Nachweis von überdurchschnittlich vielen Verstößen gegen Recht und Ordnung gekoppelt. "Die folgen mit einer gewissen Verzögerung nach dem ab neun Uhr morgens einsetzenden Konsum", stellte Nürnbergs Polizeichef Hermann Guth in dem Ratsgremium fest. Sobald die dazu nötige Dokumentation vorliegt, soll der Rechts- und Wirtschaftsausschuss über eine Ausweitung der Verbotszeiten beraten und beschließen.

Alkohol am Hauptbahnhof leicht zu beschaffen

Der Hauptbahnhof sei eben nicht nur wegen seiner zentralen Lage als Treffpunkt attraktiv, sondern auch "weil man dort etwas erleben kann", hielt Guth nüchtern fest. Und natürlich, weil Alkoholnachschub leicht zu beschaffen ist.

Was er nicht sagte, wollen die Freien Wähler in der kommenden Woche zum Thema machen: Der Lidl-Supermarkt spiele eine Schlüsselrolle, meint Stadtrat Jürgen Dörfler. In einem Antrag für den Rechts- und Wirtschaftsausschuss will seine Gruppierung die Verwaltung zu Verhandlungen mit dem Bahnhofsmanagement auffordern. Wenn Einschränkungen nicht möglich seien, so seine weitgehende Vorstellung, müsse die Discounter-Filiale weichen.

Von einem zusätzlichen Treffpunkt für stark Alkoholkranke, quasi einer "Wärmestube light", halten die Verantwortlichen im Sozialreferat und -amt vorerst wenig. Andererseits könnte ein solches Angebot auch eine erwünschte "Magnetwirkung" entfalten, gab Christiane Alberternst (FDP) zu bedenken. "Wir müssten uns das in anderen Städten erst mal ansehen", meinte Sozialamtsleiter Dieter Maly. Statt über ein Mehr an altbekannten Hilfen seien neue Formen zu entwickeln und zu prüfen. Breite Zustimmung erhielt er für seinen Kurs, zunächst die verschiedenen Zielgruppen - etwa Arbeitsmigranten aus Südosteuropa oder aus Polen und dem Baltikum – unter die Lupe zu nehmen und über passgenaue Konzepte zu diskutieren. Letztlich werde es darum gehen, so Maly, ein Maßnahmenbündel zur Armutsmigration zu entwickeln.

CSU in Sachen Cannabis-Freigabe gegen Mudra-Vorstoß

Nur knapp schrammte der Ausschuss an einer mühseligen, ideologisch aufgeladenen Debatte um Cannabis vorbei. Denn CSU-Stadtrat Wolfram Scheurlen nahm Anstoß an Äußerungen eines Vertreters der Drogenhilfe Mudra, der eine Freigabe von Haschisch, wie aktuell beispielsweise in Kanada, gefordert hatte. "Da werden sich Eltern fragen, ob dieser Beratungsdienst noch glaubwürdig ist", sagte der Mediziner und machte kein Hehl aus seiner Ablehnung. Da die Mudra erhebliche Zuschüsse aus kommunalen Mitteln erhalte, sieht Scheurlen die Stadt gefordert, Position zu beziehen.

"Wir sollten die finanzielle Unterstützung aber nicht daran koppeln, ob sich Einrichtungen nur so zu Wort melden, wie es uns gerade passt", warnte Bürgermeister Christian Vogel. 

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