Stille Nacht ade: Mehr Lärm am Nürnberger Flughafen

25.7.2014, 05:57 Uhr
17 Flugzeuge starten oder landen im Schnitt jede Nacht am Nürnberger Flughafen. Darunter sind Ferienflieger, Frachtmaschinen und Ambulanzflugzeuge - auch der Rettungshubschrauber ist nachts unterwegs.

© Eduard Weigert 17 Flugzeuge starten oder landen im Schnitt jede Nacht am Nürnberger Flughafen. Darunter sind Ferienflieger, Frachtmaschinen und Ambulanzflugzeuge - auch der Rettungshubschrauber ist nachts unterwegs.

Jürgen Rosmarion schreckt nachts regelmäßig hoch. Das Dröhnen der Turbinen reißt ihn aus dem Schlaf. Zur Ruhe kommt er nur, wenn er mit Ohrstöpseln schläft. Für Klaus Restetzki war der Fluglärm sogar so unerträglich, dass er aus Ziegelstein weggezogen ist. „Ich bin geflüchtet“, sagt der Vorsitzende der Fluglärm-Schutzgemeinschaft Nürnberg und Umgebung. „Wenn ich nachts nicht schlafen kann, das halte ich nicht aus.“

Exakt 6241 nächtliche Flugbewegungen - vor allem Landungen und Starts und einige wenige Überflüge - wurden im vergangenen Jahr am Flughafen registriert. Das sind sieben Prozent mehr als im Jahr davor. Im Schnitt waren es 17 Flüge pro Nacht. Von Mai bis Oktober war nachts überdurchschnittlich viel los - ausgerechnet in den Monaten, in denen man bei offenem Fenster schlafen wolle, klagt die Schutzgemeinschaft. Bis zu 25 Flugzeuge landeten in dieser Zeit zwischen 22 und 6 Uhr; es sind vor allem Flieger mit Touristen oder Fracht.

Wieder mehr Nachtflüge

Der Nachtfluglärm habe zugenommen, kritisiert Restetzki. Er geht davon aus, dass in der Sitzung der Fluglärm-Kommission am Dienstag noch einmal eine Steigerung verkündet wird. Tatsächlich hat es im ersten Halbjahr 2014 rund 270 Nachtflüge mehr gegeben als im selben Zeitraum des Vorjahrs. Das bestätigt Renate Blumenstetter, Vorsitzende der Fluglärm-Kommission, in der Vertreter der Stadt, des Flughafens, von Nachbargemeinden, verschiedener Ministerien oder der Bundesvereinigung gegen Fluglärm sitzen.

Blumenstetter betont jedoch, dass man die letzten Jahre nicht isoliert betrachten dürfe, schließlich hätte die Zahl der Flüge über die Jahre hinweg abgenommen. „Wir sind jetzt wieder auf dem Stand von 2010.“ Sie räumt ein, dass der Fluglärm „sicher nicht angenehm ist. Aber das ist halt so. Wir sind an einem Flughafen.“ Ein Sprecher des Flughafens ergänzt, dass die durchschnittliche Schallbelastung nicht zugenommen habe.

Wenn es nach der Fluglärm-Schutzgemeinschaft ginge, dann müsste ein Nachtflugverbot beschlossen werden. Restetzki nennt als Beispiel den Hamburger Airport. Dieser Flughafen sei wirtschaftlich erfolgreich - trotz Nachtflugbeschränkung. Die Vize-Vorsitzende Marion Grau fragt sich, weshalb es nicht möglich sei, die Nachtflüge auf den Tag zu verschieben. „Warum muss man nachts um drei Uhr in die Türkei fliegen?“

Airport hochverschuldet

Der Airport kämpft bekanntermaßen mit rückläufigen Passagierzahlen. Stadt und Freistaat müssen dem hochverschuldeten Unternehmen noch einmal mit 40 Millionen Euro unter die Arme greifen. Die Fluglärm-Schutzgemeinschaft befürchtet, dass es aufgrund der schwierigen finanziellen Lage zu noch mehr Nachtflügen kommen könnte. Ihre Sorge: Wirtschaftliche Interessen hätten Vorrang vor dem Wohl der Anwohner.

Die Befürchtung ist nicht ganz aus der Luft gegriffen. „Das ist nicht von der Hand zu weisen, dass es mehr werden könnten“, sagt Renate Blumenstetter auf Anfrage. Für die Ärztin und Vize-Vorsitze der Schutzgemeinschaft, Marion Grau, wäre das ein fatales Signal. Lärm wirke sich auf die Gesundheit aus, sagt sie und zitiert eine Studie des Umweltbundesamtes zu den Folgen nächtlichen Fluglärms. Laut Umweltbundesamt wurde in Sachen Herz- und Kreislauferkrankungen zweifelsfrei nachgewiesen, dass das Erkrankungsrisiko betroffener Personen mit zunehmender Fluglärmbelastung steigt. Der Mensch müsse nicht einmal vom Fluglärm geweckt werden. Das „Beinahe-Erwachen“ setzt laut Grau den Körper genauso unter Stress.

Die Fluglärm-Schutzgemeinschaft, die rund 160 Mitglieder hat, kämpft seit Jahrzehnten einen Kampf, der an David gegen Goliath erinnert. Sie fordert nicht nur weniger Nachtflüge, sondern auch mehr Transparenz. Dass die Fluglärm-Kommission unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagt, hält sie für unhaltbar. Das sei an anderen Flughäfen anders. München lade die Presse regelmäßig ein.

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