Täglich mit dem Kotsauger unterwegs

23.9.2015, 07:59 Uhr
Täglich mit dem Kotsauger unterwegs

In Nürnberg gibt es rund 13 400 gemeldete Hunde. Gemeinsam produzieren sie täglich rund fünf Tonnen Kot. Ein Großteil davon bleibt in Parks, auf Kinderspielplätzen und am Rande der Gehwege liegen. Weil die Besitzer die Hinterlassenschaften ihrer Vierbeiner nicht einsacken und entsorgen. Statt ihrer tun das seit mittlerweile fünf Jahren Sör-Mitarbeiter mit Hilfe von Hundeservicemobilen. Den Steuerzahler kostet das an Betriebs- und Personalkosten rund 100 000 Euro jährlich.

Täglich mit dem Kotsauger unterwegs

© Stefan Hippel

Zwei dieser Hundeservicemobile sind derzeit im Einsatz. Es sind weiße Motorroller mit technisch ausgefeiltem Spezialaufbau. Der ähnelt mit seinem Saugrohr und dem Auffangbehälter einem Staubsauger. „Je nach Größe können damit bis zu 60 Kot-Portionen aufgesaugt werden“, erklärt Andreas Krodel. Er war der erste Sör-Mitarbeiter überhaupt, der mit einem Hundeservicemobil auf Tretminen-Jagd gegangen ist.

Nachdem Krodel den Job rund vier Jahre gemacht hatte, ist er von Armin Bauer und Horst Kümpflein abgelöst worden. Sie fahren ihre festgelegten Routen durch das Stadtgebiet — und das von April bis November. Den Rest des Jahres werden sie im Winterdienst eingesetzt.

„Wie in einer Sauna“

Täglich mit dem Kotsauger unterwegs

© F.: Stefan Hippel

Der diesjährige Sommer mit seinen hohen Temperaturen hat das Duo extrem herausgefordert. Aus Sicherheitsgründen mussten sie stets in kompletter Rollerkluft mit Helm und Schutzanzug ausrücken. „Das war wie in der Sauna, kein Fahrtwind. Deswegen war die Arbeitszeit auch eine Stunde vorverlegt worden“, erzählt Armin Bauer. Doch trotz der Hitze waren sie — wie immer während der siebenmonatigen Saison — acht Stunden täglich unterwegs.

Zwei- bis dreimal müssen sie während dieser Zeit zum Betriebshof an der Großreuther Straße beim Marienbergpark zurückfahren, um die mit Kot und Wasser gefüllten Behälter in den dortigen Kanalschacht zu entleeren. Das sind täglich bis zu 80 Liter — gesammelt auf Routen, die sie kreuz und quer zwischen 50 und 80 Kilometer durch die Stadt führen.

Für den Sör-Werkbüroleiter Uwe-André Bauer sind die beiden Mitarbeiter so etwas wie Helden. „Das ist keine Tätigkeit, die superlecker ist. Vor allem bei der Hitze ist es geruchstechnisch nicht angenehm. Aber die Arbeit ist sehr wichtig“, sagt er. Und der Erfolg sei sicht- und messbar: Seit die Hundeservicemobile unterwegs sind, gibt es auf Nürnbergs Grünflächen weniger Kot.

„Die Beschwerden über den Dreck haben sich um rund 30 Prozent reduziert“, berichtet Bauer. Brennpunkte gibt es allerdings immer noch. Vor allem in Gostenhof sei das Problem mit dem Hundekot extrem, berichtet der Werkbüroleiter. Und auch Viertel in der Südstadt seien besonders häufig betroffen.

„Hundekot ist immer ein Top-Thema bei den Bürgern“, betont Uwe-André Bauer. Zwar seien die Besitzer der Vierbeiner dazu verpflichtet, stets Kotbeutel dabei zu haben und all die Hinterlassenschaften einzusammeln. „Aber wenn keiner hinschaut, lassen sie es einfach liegen. Das liegt halt in der Natur des Menschen“, sagt Horst Kümpflein mit leicht resigniertem Unterton.

Dabei macht die Stadt es den Hundehaltern sogar leicht: Mittlerweile gibt es rund 130 sogenannte „Hundekotbeutel-Spenderstationen“ im Stadtgebeit. Davon werden 63 von Paten betreut. Bürgermeister und Sör-Werkleiter Christian Vogel wirbt regelmäßig auf Bürgerversammlungen darum — und wird zum Glück immer wieder fündig, ob in Ziegelstein oder im Knoblauchsland.

Die „Beutel-Paten“ sorgen regelmäßig für Nachschub. In der Zwischenzeit sind bereits 50 Kotbeutelspender schon wieder erneuert worden — das aktuelle Modell ist nicht mehr mit grauen Plastiksäckchen gefüllt, sondern mit roten. Es ist wegen der Signalfarbe auffälliger und soll nicht zuletzt verhindern, dass der Hundehalter das gefüllte Säckchen auf dem Weg nach Hause achtlos wegwirft.

Der Kniff mit der auffälligen Farbe hat durchaus funktioniert. Als Konsequenz sind jetzt noch einmal 50 weitere neue Kotbeutelspender nachbestellt worden. Das alte System soll sukzessive komplett ausgetauscht werden.

Eine Art Vermittler

Wenn Bauer und Kümpflein mit den Spezialrollern unterwegs sind, verstehen sie sich immer auch als eine Art Vermittler, die erst mal auf die Kotproblematik überhaupt aufmerksam machen wollen. So sprechen sie einen Gassigeher schon mal direkt darauf an, ob er denn mit Kotbeuteln ausgerüstet sei. Falls nicht, haben sie immer welche dabei und helfen gerne aus.

Mittlerweile kennt man die Sör-Mitarbeiter und ihre rollenden Servicemobile im Nürnberger Stadtgebiet. Niemand rümpft die Nase über sie. Für japanische Touristen sind sie jedoch noch immer eine Attraktion — und so müssen sie Sör-Mitarbeiter hin und wieder mal für ein Foto posieren.

Den Kopf schütteln

„Ich bin mal gefragt worden, ob man mit den Saugrohren auch schießen kann“, erzählt Armin Bauer lachend. Über manche Hundehalter kann er aber weiterhin nur den Kopf schütteln. So habe ihm eine Dame weismachen wollen, dass ihr Hund zwar viel esse, aber niemals Kot ausscheide. Eine andere versuchte ihm zu verklickern, dass ihr Hund sich vormittags nie erleichtern müsste, sondern immer nur nachmittags.

Keine Kommentare