Über die Macht von Bildern

7.8.2012, 00:00 Uhr
Über die Macht von Bildern

© Michael Matejka

Im laufenden „Jahr der Kunst“ ist das wahrlich keine Rarität. Aber die Vortragsreihe unter diesem Titel versucht sich schon seit zehn Jahren dem Mal-Genie zu nähern. Nie war sie allerdings so nachgefragt und (jedenfalls beim ersten Referat) brechend voll wie diesmal.

Die Nürnberger scheinen Dürers Namen tatsächlich noch nicht überdrüssig zu sein. Vielmehr sind sie ganz aufgeheizt – vor allem, was die Frage einer Rekonstruktion der Rathausmalereien betrifft.

Über deren Entstehung und Veränderung informierte einleitend Carsten-Peter Warncke von der Universität Göttingen. Er verwies zunächst auf einen wichtigen Aspekt: Vor der Reformation hätte sich Dürer womöglich mit Kirchenkunst in die Öffentlichkeit begeben. In der Folge von Luthers Aufstand kam es aber gerade zu sakralen Bilderstürmen. So hat sich Dürer lieber der weltlichen Macht des städtischen Magistrats für einen lukrativen Auftrag angedient.

Ausgangspunkt war ohnehin ein kaiserliches Propaganda-Projekt: der Entwurf für einen Triumphbogen, dessen Realisierung an Finanzierungsnöten scheiterte. In der Rathausmalerei wurde das Bildprogramm dann in einen Fürstenspiegel umgedeutet. Die Tugenden, die ein Herrscher verkörpern soll, bekamen ihre Auftritte. Justizszenen aus der Mythologie waren bedeutsam, weil das Rathaus auch Gerichtsort war.

Da wurde der Vortrag dann ziemlich anekdotisch und ließ nur noch ahnen, dass jenes Bild, das manche jetzt gern wieder an den Wänden hätten, in den Zeiten nach Dürer stark verändert worden ist. Am Ende forderte Warncke dann auch noch altstadtfreundlich: „Wir sollten es wieder herstellen!“

Dass eine Rekonstruktion überhaupt gelingen könnte, verdankt sich nicht zuletzt dem „Führerauftrag Monumentalmalerei“. Mit diesem Unternehmen gestand das Dritte Reich 1943 einerseits ein, dass man nicht mehr mit einem Sieg ohne die Zerstörung Deutschlands rechnete, zum anderen wurden nicht transportable und nicht zu schützende Wandbilder durch die besten Fotografen erstmals in Farbe dokumentiert.

Stephan Klingen, der Leiter der Phototek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München, berichtete anschaulich und interessant von dem Projekt, das auch die Projektion im Rathausaal unterstützt hat.

Die Bedeutung der Macht von Bildern schon für die Politik der Renaissance klang in Julian Jachmanns

Referat über die Geschichte des Augsburger Rathauses allzu zaghaft an. Der Verlust des Bewusstseins für die Wichtigkeit von Kunst zugunsten ökonomischer Interessen spielte dagegen in Thomas Renkls Auflistung der Dürer-Bestände im Nürnberger Rathaus und ihres Schicksals durchaus eine Rolle. Die heutigen Klagen über Apostel-Gemälde oder Selbstbildnisse an anderen Orten sind ohne Grundlage, wenn man diese Geschichte bedenkt.

Albrecht Dürer als Stofflieferant für unsere Tage: Auch die „Dürer-Vorträge 2012“ belegten die Nachhaltigkeit seines Wirkens.
 

1 Kommentar