Verse mit der Brechstange: Andrea Berg in Nürnberg

10.2.2014, 06:00 Uhr
Andrea Berg brachte in Nürnberg Verse mit der Brechstange auf die Bühne.

© Horst Linke Andrea Berg brachte in Nürnberg Verse mit der Brechstange auf die Bühne.

Atlantis. Geheimnisvolles Eiland, mystisch-abgesoffene Hochkultur. „Insel, die aus Träumen geboren.“ Halt, andere Baustelle. Wobei das, was uns der verdiente Barde Roland Kaiser dereinst über das Eiland Santa Maria lehrte, über drei Jahrzehnte später auch für Atlantis gilt – zumindest für das Atlantis der Andrea Berg. „Willkommen in meiner Unterwasserwelt“, ruft die Krefelderin zu Beginn eines langen Abends (34 Lieder in zweieinhalb Stunden) ihren Fans in der vollbesetzten, interessanterweise unbestuhlten Nürnberger Arena zu.

Der Vorhang fällt und gibt den Blick frei auf ein antikes Amphitheater mit Live-Band und Tänzern. Im Hintergrund eine riesige Videowand, auf der in 3D Fische vorbeischwimmen und Blumen knospen und sich ein Feuerwerk in den … äh, Unterwasserhimmel hinaufschraubt. Dazu das volle Showprogramm: Explosionen und Feuersäulen, Papierschlangen, Konfetti und Seifenblasen, Rosenblätter, die von der Decke regnen und eine „Flashdance“-Tanzeinlage unter künstlichem Regen.

Als Nymphen verkleidete Kinder dürfen auf die von DJ Bobo ausgeliehene Bühne und ein aus dem Publikum rekrutierter Meeresgott Poseidon. Dazu eine lebensgroße Meeresschildkröte namens Sushi (!). Die völlige Schmerzfreiheit, was Ironie und Humor angeht, ist eine der Stärken der Show: Allen Ernstes diese Meeresschildkröte zu fragen, ob sie „schon mal Schmetterlinge im Bauch“ gehabt hat, das ist schon ganz großes Kino.

Doch Träume folgen nun mal selten der Logik der Wirklichkeit. Außerdem ist Andrea Berg die uneingeschränkte Herrscherin dieser Meeresboden-Fantasiewelt und kann als solche machen, was sie will. So erleben wir sie im Kunstnebel mit meterlangem Abendkleid, als tanzende Piratenkönigin und barfuß im kurzen Flammenrock. Alles ist hier Pose: Die Kusshand, die sie wirft, der Finger, mit dem sie ins Publikum deutet, das eingefrorene Schlussbild an wirklich jedem Liedende (Produzent: Dieter Bohlen).

„Ein purer Augenblick des Glücks“, um mehr geht es gar nicht. Metaebene ist was für Studierte, hier werden die Verse mit der Brechstange geschmiedet.

Liebe ist das Thema, und alle müssen mit. Ob Single oder frisch verliebt – in Bergs Texten findet sich jede(r) wieder. Die komplette Gefühlspalette von „Schenk mir einen Stern“ bis „Ich schieß Dich auf den Mond“, von „Flieg mit mir fort“ bis „Du hast mich 1000mal belogen“.

Träumen, schweben, abstürzen und wieder aufstehen. „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“, ja genau. Noch dichter dran am Leben kann man gar nicht sein. Eine Frau, ein Erfolgsrezept, ein Geschäftsmodell, gebaut auf Fleiß und harter Arbeit. Da streckt dann auch der Kritiker seine Waffen, hisst die weiße Fahne und schließt mit der resignierenden Erkenntnis: „Was für ein kolossales Weib!“

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