Von Hitler "verführt": Sonderschau zu Speer im Doku-Zentrum

26.4.2017, 15:33 Uhr
Von Hitler

© Eduard Weigert

Seit 1931 Mitglied der NSDAP, gehörte der Architekt bald zum Kreis der engen Vertrauten um Adolf Hitler. Ein Jahr nach der Etablierung des Gewaltregimes beauftragte der Diktator den gebürtigen Mannheimer mit der Planung des Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg. Wie passend, dass die Schau jetzt in einem von ihm selbst geplanten Ort, also der Kongresshalle, gezeigt wird.

Trotz seiner engen Verquickung mit den anderen NS-Größen und erst recht seiner Ernennung zum Rüstungsminister 1942 behauptete Speer, von den Verbrechen gigantischen Ausmaßes nichts gewusst und von Hitler letztlich verführt worden zu sein.

Schon beim Nürnberger Prozess 1945/46 gegen die Hauptkriegsverbrecher hatte Speer sich nur ganz allgemein zu einer Schuld bekannt. Das Tribunal verurteilte ihn zu 20 Jahren Haft. Nach der Freilassung begann er als gefragter "Zeitzeuge", in Veröffentlichungen wie den "Erinnerungen" und den "Spandauer Tagebüchern" die Legende erst richtig zu entfalten. Und sie fand millionenfache Resonanz, stützte sie doch die verbreitete Schutzbehauptung von Millionen gewöhnlichen Bürgern. Frei nach der Devise: Wenn schon ein Mann wie Speer nichts von den Vorgängen in der Vernichtungslagern mitbekommen hat, sollten auch sie sich keine entsprechenden Vorwürfe machen (lassen) müssen.

In drei großen Bereichen begegnen die Besucher zunächst Albert Speer als Akteur, seinen Bildern und der Selbstinszenierung. Blickfang ist eine kreisförmige, meterhohe Inszenierung aus den fünf Buchstaben seines Namens. Videoprojektionen dokumentieren Speers geschickte Muster der Selbstrechtfertigung.

Dutzende Bücher von Speer

In einem zweiten Teil gibt eine Auslage mit Dutzenden seiner Bücher einen Fingerzeig auf die erreichten Millionenauflagen – die Speer auch ein bequemes Auskommen sicherten. Dabei durfte er sich auf Unterstützung durch ein weitgespanntes Netzwerk von Weggefährten und Freunden verlassen, nicht zuletzt auch auf publizistischen Beistand wie den des Verlegers Wolf Jobst Siedler und des damaligen FAZ-Herausgebers Joachim Fest, erläutert Alexander Schmidt vom Team des Doku-Zentrums. Stimmen, die Speer schon bald auch widersprachen, blieben lange ungehört.

Den dritten Komplex bilden die Arbeitsplätze mit den Bildern von neun Historikerinnen und Historikern: Auf Knopfdruck kann der Besucher sie – in kleinen Videos – zum Sprechen bringen. Und auf den Schreibtischen sind all jene Belege und Beweise ausgebreitet, mit denen die Forscher Speers Schilderungen nach und nach zerpflückt und als Lügen entlarvt haben – von seiner Beteiligung an der systematischen Vertreibung von Juden aus ihren Berliner Wohnungen bis zur eigenhändigen Bewilligung der Erweiterung des KZ Auschwitz.

Die Sonderausstellung ist – bei freiem Eintritt – täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, von Montag bis Freitag jeweils schon ab 9 Uhr. Zur Eröffnung am Donnerstag um 18.30 Uhr spricht der stellvertretende Leiter des Münchner Instituts für Zeitgeschichte, Prof. Magnus Brechtken. Er hat die Nürnberger Ausstellungsmacher als wissenschaftlicher Begleiter maßgeblich unterstützt; eine neue Speer-Biografie aus seiner Feder kommt in Kürze auf den Markt.  

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