Wald auf Wolkenkratzern: Nürnberg hat Mailand als Vorbild

17.3.2018, 05:51 Uhr
Wald auf Wolkenkratzern: Nürnberg hat Mailand als Vorbild

© afp

Die üppig bewachsenen Zwillingstürme in Mailand sind 119 und 87 Meter hoch, Architekt Stefano Boeri hat sie 2014 entworfen. Wer es sich leisten kann, hat dort Bäume am Balkon und Büsche vorm Fenster – auch im 22. Stock. Eine Idee, die Joachim Thiel, selbst Architekt und CSU-Sprecher für Stadtplanung, absolut bestechend findet. Thiel: "Es stünde Nürnberg gut an, hier mit einem Pilotprojekt der Schrittmacher nördlich der Alpen zu sein."

"Bosco Noricale" könnte das Nürnberger Öko-Projekt werbewirksam heißen; als Standort hat die CSU die Kreuzung Münchener Straße/Frankenstraße im Auge. Der Grund gehöre der Stadt und werde frei, sobald das geplante Quartier am Südbahnhof an die Straßenbahn angebunden sei.

Doch die schöne Vision  geht schwer ins Geld. Zwischen 6000 und 13.000 Euro soll der Quadratmeter im Mailänder "Bosco Verticale" kosten. Um die Last der bis zu neun Meter hohen Bäume zu tragen und sie in den 1,30 Meter tiefen Pflanztrögen sturmfest zu machen, mussten Gitterroste und massive Betonplatten eingezogen werden. Dazu kommt ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem für rund 800 Bäume und 20.000 Sträucher.

Begehung vor Ort abgeschlossen

Das könne sicher nicht  die aktuelle Wohnungsknappheit lösen könne, gibt Joachim Thiel zu. Doch eine Nachfrage sieht er in Nürnberg durchaus. "Es gibt auch bei uns eine Klientel, die ökologisch denkt und kinderlos und vermögend ist", so der CSU-Mann. Jetzt soll die Stadtverwaltung nach Flächen suchen, die für einen "Bosco Noricale" infrage kommen, regt der CSU-Antrag an.

Nürnbergs Baureferent war bereits in Mailand. Ein schöner Anblick sei es, allerdings auch das teuerste Hochhaus in tausend Kilometern Umkreis. "Wir hätten so etwas liebend gerne", sagt er. "Aber in Nürnberg fehlen leider ein paar Multimillionäre." Ob der vertikale Wald tatsächlich einen nennenswerten Effekt auf das Stadtklima habe, sei fraglich. Und ohne einen Investor mache der CSU-Antrag wenig Sinn.

"Das werden keine Sozialwohnungen", räumt auch CSU-Stadtrat und Bund-Naturschutz-Chef Otto Heimbucher ein. Aber Experimente seien nötig, auch wenn sie ins Geld gingen. Auf den Balkonen und Terrassen kann sich der Geologe widerstandsfähigen Feldahorn und Hainbuchen gut vorstellen. Anbucher: "Es wäre auf alle Fälle eine ökologische Bereicherung."

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