Warum sich Nürnberg mit dem Sparen so schwertut

19.11.2016, 10:06 Uhr
Warum sich Nürnberg mit dem Sparen so schwertut

© Foto: Eduard Weigert

Brücken: Der Beton bröckelt, Risse bilden sich, die Statik ist in Gefahr: Nürnberg hat eine umfangreiche Liste mit maroden Brücken, weil die Stadt die Sanierung auf die lange Bank geschoben hat. Das kostet natürlich. Allein Abriss und Neubau der drei großen Brücken am Hafen verschlingen mindestens 137 Millionen Euro. Bis zum Jahr 2026 will Stadtkämmerer Harald Riedel (SPD) sogar 195 Millionen Euro nur für Brücken lockermachen. Im vergangenen Jahr wurden 5,1 Millionen Euro investiert - für die Instandhaltung.

Der Tiergarten erhält Geld von der Stadt. Pro Besucher schießt die Kommune 2,79 Euro zu. Die Sanierungskosten für die marode Lagune sind allerdings noch einmal eine ganz andere Sache.

Der Tiergarten erhält Geld von der Stadt. Pro Besucher schießt die Kommune 2,79 Euro zu. Die Sanierungskosten für die marode Lagune sind allerdings noch einmal eine ganz andere Sache. © Michael Matejka

Tiergarten: Der Tiergarten ist ein Publikumsliebling, ganz klar. 1,12 Millionen Besucher haben sich im vergangenen Jahr die 3431 Tiere am Schmausenbuck angesehen. Kostendeckend arbeitet der Zoo jedoch trotz seiner Beliebtheit nicht. Der Kostendeckungsgrad lag 2015 bei 76 Prozent. Pro Besucher musste die Stadt deshalb 2,79 Euro zuschießen; macht alles in allem rund 3,1 Millionen Euro.

Staatstheater und Konzertsaal: Würden Stadt und Staat das Staatstheater nicht subventionieren, könnte sich kaum jemand eine Eintrittskarte leisten. Pro Besucher steuerten Kommune und Land im vergangenen Jahr jeweils rund 64 Euro bei. Allein für die Stadt bedeutet das bei rund 286 000 Menschen, die ins Theater, in die Oper, ins Ballett oder ins Konzert gingen, einen Zuschuss in Höhe von 18,3 Millionen Euro.

Auf die Stadt kommen im Kulturbereich in den nächsten Jahren Rieseninvestitionen zu: In sechs Jahren soll neben der Meistersingerhalle eine neue Konzerthalle stehen, weil die Meistersingerhalle nicht den Maßstäben entspricht, die Spitzenorchester an ein Konzerthaus anlegen. Der Freistaat will die Stadt zwar mit einem ungewöhnlich großzügigen Zuschuss in Höhe von 75 Prozent unterstützen. Bei geschätzten Gesamtkosten in Höhe von 50 bis 75 Millionen Euro kommen auf Nürnberg aber immer noch zweistellige Millionenbeträge zu. Der neue Konzertsaal soll außerdem das Opern-Ensemble beherbergen, denn die Oper muss genauso wie die Meistersingerhalle saniert werden. Macht alles in allem: 250 Millionen Euro.

Warum sich Nürnberg mit dem Sparen so schwertut

© Horst Linke

Ehemaliges Reichsparteitagsgelände: Nürnberg muss die Bürde zahlreicher NS-Hinterlassenschaften tragen und verantwortungsvoll mit diesem schweren Erbe umgehen. Die Stadt hat sich entschieden, die Steintribüne und das angrenzende Zeppelinfeld nicht verfallen zu lassen, sondern einen begehbaren Zustand zu erhalten. Eine durchaus umstrittene Entscheidung. Die Kosten dafür werden auf 73 Millionen Euro geschätzt, verteilt auf eine Bauzeit von zwölf Jahren. Um zu testen, welche Sanierung erfolgversprechend ist, wurden Musterflächen bearbeitet. Allein das hat mit 2,5 Millionen Euro zu Buche geschlagen.

Schulen: Schulbürgermeister Klemens Gsell (CSU) hat ebenfalls eine lange Wunschliste, weil viele Schulen modernisiert werden müssen. Die Bertolt-Brecht-Schule und das Schulzentrum Südwest müssen sogar ganz neu gebaut werden. Beide haben ein Investitionsvolumen von fast 300 Millionen Euro. Hochgerechnet bis 2026, will Kämmerer Riedel 778 Millionen Euro ausgeben. Nicht zuletzt, weil zusätzliche neue Schulen gebaut werden müssen, da die alten wegen steigender Schülerzahlen zu eng werden.

Im vergangenen Jahr wurden 32 Millionen Euro investiert, rund 27 Millionen davon aus städtischen Mitteln. Dazu kommt: Nürnberg hat im Unterschied zu vielen anderen Städten neben den staatlichen Schulen eine ganze Reihe von kommunalen Realschulen, Gymnasien und Berufsschulen. 110 Millionen Euro gibt die Stadt jedes Jahr allein für Lehrer aus; davon muss sie nach Abzug aller Zuschüsse immerhin 45 Millionen Euro selbst stemmen. "Wenn wir diesen Block nicht hätten, hätten wir keine Neuverschuldung", rechnet Riedel vor.

Warum sich Nürnberg mit dem Sparen so schwertut

© Foto: Dierenbach/Stadt Nürnberg

Flughafen: Der Albrecht Dürer Airport hat bekanntlich dürre Jahre hinter sich. Im letzten Jahr zeichnete sich ein leichter Aufwärtstrend ab. 3,4 Millionen Menschen nutzten den Flughafen, über 60 000 Mal starteten beziehungsweise landeten Flieger im Knoblauchsland. Der Airport gehört je zur Hälfte der Stadt und dem Freistaat. Die Gesellschafter zahlen dann auch kräftig für den zweitgrößten Flughafen in Bayern: Im vergangenen Jahr sind aus der Stadtkasse rund 24 Millionen Euro als Kapitaleinlage an den Flughafen geflossen. In diesem Jahr noch einmal fünf Millionen Euro.

Messe: Die Messe brummt, möchte man meinen. Und das tut sie auch. Es wird erweitert und umgebaut. Nichtsdestotrotz - oder genau deswegen - schießt die Stadt, neben dem Freistaat Hauptgesellschafter der Messe, Geld zu, damit weitere Investitionen möglich bleiben. Im vergangenen Jahr flossen rund 3,4 Millionen Euro als Kapitaleinlage an die Messe. Seit 2009 wurden laut Finanzreferent Riedel rund 33 Millionen Euro eingelegt.

U-Bahn: Nürnberg gehört zu den kleinsten Großstädten, die sich eine U-Bahn leisten. Der Ausbau der Linien schlägt ins Kontor, wobei Bund und Land sich beteiligen. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 23,6 Millionen investiert, fast 14 Millionen kamen aus dem städtischen Geldbeutel. Um eine Vorstellung von der Größenordnung zu bekommen: Ein einziger Kilometer U-Bahn-Tunnel kostet 35 Millionen Euro. Will man einen Bahnhof bauen, muss man noch einmal zwölf Millionen auf den Tisch legen.

Stadion: Die Stadt hat die Stadion GmbH 2015 ganz übernommen – und muss nun auch für die Miesen komplett geradestehen. Im vergangenen Jahr gingen knapp 1,7 Millionen Euro vom städtischen Haushalt als Verlustausgleich ans Stadion. Dass es noch keinen neuen Sponsor gibt, macht die Bilanz nicht besser.

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