Was Söder und Maly verbindet - und was sie trennt

12.8.2017, 12:20 Uhr
Markus Söder (Mitte) und Ulrich Maly (rechts) verstehen sich immer besser.

© Andreas Gebert Markus Söder (Mitte) und Ulrich Maly (rechts) verstehen sich immer besser.

Thorsten Otto hätte es nicht für möglich gehalten. Dass der BR-Moderator beide - Maly und Söder - in seine Sendung "Mensch Otto" zusammen ans Mikrofon bekommt, hielt er lange für unmöglich. Vor einigen Jahren hätte er mit seiner pessimistischen Einschätzung wohl recht gehabt. Doch Mitte Juli konnte Otto die beiden Politiker im Studio interviewen. Das sagt viel aus über das - veränderte - Verhältnis der beiden Nürnberger Alphatiere. Ist das der Beginn einer ungewöhnlichen Freundschaft?

"Freund", das ist Maly (57) dann doch ein zu starkes Wort. Auch Söder (50) würde es in diesem Zusammenhang so nicht verwenden. Spricht man aber die beiden Politiker auf eine Annäherung an, stimmen sie schon zu. Selbstverständlich ist diese Entwicklung nicht.

Als 2002 die CSU das Amt des Oberbürgermeisters wieder an die Sozialdemokraten verliert (Maly konnte sich gegen Ludwig Scholz durchsetzen), sind die Christsozialen schwer geschockt. Das wirkt sich auch auf das Verhältnis von Maly und Söder aus. Spitzen gegen den jeweils anderen sind anfangs die Regel.

 Angriff statt Annäherung

So fordert der Landtagsabgeordnete und JU-Landeschef wenige Monate nach der verlorenen Kommunalwahl von Maly politische Führung in der Stadt, Visionen und mehr Professionalität. Er sei nur ein Moderator im Rathaus. Angriff statt Annäherung.

Der Gescholtene wirft Söder daraufhin vor, "ja keine Ahnung von praktischer Politik" zu haben und nennt ihn einen selbsternannten Medienexperten.

So ging das eine ganze Weile munter weiter, obwohl beide Parteien im Rathaus eine Art große Koalition bildeten - und bis heute an dieser Zusammenarbeit festhalten.

Die Kooperation mit der SPD im Rat, noch unter CSU-Bezirkschef Günther Beckstein eingefädelt, behagt Söder gar nicht. Nachdem er auch noch 2003 Generalsekretär der Christsozialen wird, versucht Söder die Partnerschaft mit dem politischen Gegner regelmäßig zu torpedieren. Ziel der Zorns ist da immer wieder auch Maly.

Es war - aus damaliger Sicht - lange Zeit nicht so klar, ob der Christsoziale nicht vielleicht auch Ambitionen auf den OB-Posten in seiner Heimatstadt hegte. Damit bestand in gewisser Weise ein Konkurrenzkampf um das wichtigste Amt bei der Stadt. Das erklärt über viele Jahre das angespannte Verhältnis.

Einfach zu unterschiedlich

Die zwei Politiker sind einfach zu unterschiedlich. Maly: "Wir kommen aus verschiedenen Welten." Der eine engagiert sich als Jugendlicher in der Jungen Union und bewundert Franz-Josef Strauß, der andere fühlt sich bei der Sozialistischen Jugend - Die Falken heimisch und sieht in Willy Brandt ein politisches Vorbild. Söder leistet seinen Wehrdienst, Maly wählt den Zivildienst. Hier der Volkswirt Maly, dort der Jurist Söder.

Während der ambitionierte Hobbykoch gerne ein mehrgängiges Menü in der heimischen Küche zubereitet, zieht es Söder lieber an den Grill. Ersterer wägt in Gesprächen vorher erst gründlich erst ab, wenn er etwas sagt, bei Söder platzt es - auch schon vor den Sozialen Medien - schon einmal unüberlegt heraus. Harmonie, so viel steht fest, definieren die zwei Politiker sicher ganz unterschiedlich.

Was beide mitbringen - und eint, ist der große Ehrgeiz, die schnelle Auffassungsgabe und die Gabe, komplexe Dinge zu erklären. Beide haben promoviert. Beide sind, das verraten sie bei "Mensch Otto", ausgeprägte Familienmenschen.

"Wir sind auch humorvoll", ergänzt Söder. Und beide sind begnadete Redner, sie haben keine Mühe, vor großen Versammlungen oder im kleinen Kreis zu sprechen und zu überzeugen. Also schon eine Menge Gemeinsamkeiten. Es gibt eine Basis für die Annäherung.

"Maly ist Lokalpatriot, so wie ich!" 

Im Gespräch mit unserer Redaktion nennt Markus Söder einen wichtigen Faktor, weshalb die zwei Politiker seit längerer Zeit immer besser miteinander auskommen. "Maly ist Lokalpatriot, so wie ich!"

Als Nürnberger versuchen der Oberbürgermeister und der Finanz- und Heimatminister, viel für ihre Heimatstadt herauszuholen. Nicht selten - wie gerade bei der Ansiedlung einer neuen Universität - gemeinsam. Bei der Frage allerdings, wie mit der Quelle-Immobilie umzugehen ist, war das im letzten Kommunalwahlkampf noch nicht der Fall.

Doch Maly bestätigt: "Warum nicht miteinander verbinden, wenn wir das gleiche Ziel haben." "Der Aufreibungskampf bringt doch nichts", erklärt er. "Wir haben uns über die Jahre aneinander herangerobbt."

Er sei mit der Art, wie Söder Politik mache, oft nicht einverstanden. "Er ist ein Meister der Selbstdarstellung", sagt May bei "Mensch Otto". "Aber Markus Söder ist ein homo politicus", betont der politische Gegenspieler respektvoll. "Wir sind in der gleichen Branche tätig."

Die CSU weiß (aus den vergangenen Kommunalwahlen), dass sie es in Nürnberg schwer hat, den OB-Posten zu erobern, solange Maly antritt. Das kann, das dürfte 2020 noch einmal der Fall sein. So einer, der erfolgreich ist, der imponiert dem homo politicus Söder schon. "Ja, wie haben über die Jahre einen guten Draht zueinander entwickelt", räumt auch der Christsoziale ein. Um gleich einen Unterschied wieder herauszustellen: "Maly ist mehr Mahner, ich bin mehr Macher."

Aber: "Unser Hauptbegegnungsfeld ist eben Nürnberg. Da geht es um lokale Fragen, da ist kein Platz für Dogmatismus." Solche Worte aus Söders Mund hätte es vor ein paar Jahren noch nicht gegeben. Die Leute schätzten die unterschiedlichen Rollen, ist er überzeugt. Und Söder betont heute - und unwidersprochen: "Mich hat es nie in die Kommunalpolitik gezogen und Maly nicht in die Landespolitik."

"Die Nürnberger schätzen das Miteinander"

Wenn man beide danach fragt, was sie am anderen schätzen, kommen fast die gleiche Worte: "Respekt", "Vertraulichkeit" und "Verlässlichkeit". "Was wir besprechen und vereinbaren, bleibt auch unter uns", sagen sie, als wäre es abgesprochen. Söder: "Die Nürnberger schätzen das Miteinander, nicht das Gegeneinander." Das musste der Finanzminister auch erst lernen.

Die gemeinsamen Aufsichtsratssitzungen etwa bei der Messe, beim Flughafen oder auch für kurze Zeit beim 1. FC Nürnberg haben zur Annäherung ebenfalls wesentlich beigetragen.

Die Repräsentanten von Stadt und Staat haben fast kindliche Freude daran, sich bei langweiligen Reden oder Sitzungen die Zeit durch launige SMSe zu verkürzen. Manchmal reicht - wenn sich gerade einmal wieder ein Redner um Kopf und Kragen redet - nur ein Blick und der andere weiß, dass sie beide das Gleiche denken.

Sind die zwei Nürnberger Politiker nach so viel Annäherung mittlerweile beim Du angelangt? "Nein", sagt Söder. Aber er werde von Maly besser behandelt als von manchem Dutzfreund aus der eigenen Partei. So geht es umgekehrt auch dem Oberbürgermeister.

Mal sehen, was sich aus dieser Beziehung noch entwickelt...

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