Wie viel Geld bekommen Ärzte von der Pharma-Industrie?

15.7.2017, 05:54 Uhr
Die Datenbank "Euros für Ärzte" listet auf, welche Mittel an Ärzte oder Kliniken geflossen sind. (Symbolbild)

© Armin Weigel dpa Die Datenbank "Euros für Ärzte" listet auf, welche Mittel an Ärzte oder Kliniken geflossen sind. (Symbolbild)

Es gibt verschiedene Gelegenheiten, bei denen Geld an Mediziner oder Krankenhäuser fließt. Ärzte an Kliniken sind zum Beispiel in Studien eingebunden. Oder sie stellen ihr Fachwissen und ihre Erfahrung aus der Praxis bei der Entwicklung von Innovationen zum Beispiel in der Medizintechnik zur Verfügung. Dann gibt es Fortbildungsveranstaltungen, zu denen Pharmaunternehmen einladen und die Reisekosten  übernehmen. Andere bitten  Mediziner, auf Kongressen oder  Veranstaltungen Vorträge zu halten. Dafür gibt es ein Honorar und ebenfalls Reisekosten und Spesen. 

Einerseits ist es wichtig, dass Ärzte immer auf dem neuesten Stand sind oder als Experten aus der täglichen Praxis die Unternehmen bei der Entwicklung von Innovationen beraten. Aber die Pharma-Unternehmen haben nicht allein das Wohl der Patienten im Auge, sie möchten mit ihren Produkten natürlich auch Geld verdienen. Und damit ist ein Konflikt programmiert: Kann sich ein Mediziner seine unabhängige Urteilskraft bewahren, wenn er Geld von einer Firma nimmt?

Prof. Frank Erbguth, Chefarzt der Neurologie am Klinikum Nürnberg ist einer der Ärzte, die in der "Euro für Ärzte"-Datenbank zu finden ist — das Projekt wurde gemeinsam vom Recherchezentrum Correctiv.org und SpiegelOnline auf die Beine gestellt. Demnach hat der Chefarzt 2016 insgesamt 20.251,68 Euro von Pharmafirmen bekommen. "Ich bin für eine solche Offenlegung und finde nichts anrüchiges an den Zahlen. Was ist da dran schlecht, wenn Leute, die was zu sagen haben, ihre Expertise in ihrer Freizeit einbringen und sich dafür bezahlen lassen. Aber klar: Es darf keine Beeinflussung von Entscheidungen mit sich bringen."

Er hat für 18 Veranstaltungen unterschiedlicher Pharmafirmen insgesamt 266 Stunden seiner Freizeit für Vorbereitungen und Präsenzzeit "investiert". Darüberhinaus hat er 2016 noch 56 Vorträge unentgeltlich gehalten — etwa bei Selbsthilfegruppen oder Vereinen und dafür 640 Stunden seiner Freizeit aufgewandt.

"Nichts zu verbergen"

Alfred Estelmann, Vorstand des Klinikums Nürnberg macht deutlich, dass die Chefärzte alle Vortragsverpflichtungen vorher offenlegen und genehmigen lassen müssen. "Dabei achten wir auch darauf, ob der Aufwand zu dem passt, was bezahlt wird", erklärt Estelmann. Das geschehe auch, um die Mitarbeiter vor einer eventuellen strafrechtlichen Verfolgung zu schützen. Das Klinikum selbst ist mit seinen Standorten in Johannis (49.665,57 Euro)  und in Langwasser (48.412,81 Euro) ebenfalls in der Datenbank zu finden. „Wir haben nichts zu verbergen und deshalb der Veröffentlichung zugestimmt.“

Wer wissen möchte, wie transparent die Ärzte und Krankenhäuser in seiner Stadt oder Region sind, kann in der Datenbank nachsehen. Sie listet auch auf, welche Ärzte Zahlungen der Industrie grundsätzlich ablehnen.

Die Recherche beruht auf einem gemeinsame Datenprojekt von "SpiegelOnline" und dem Recherchezentrum Correctiv.org, mit dem unsere Zeitung kooperiert. Den direkten Link zur Datenbank „Euros für Ärzte“ finden Sie hier: https://correctiv.org/recherchen/euros-fuer-aerzte/datenbank/

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