Wöhrder See: Spezialboot rasiert fauligen Algenteppich

31.7.2014, 17:28 Uhr
Wöhrder See: Spezialboot rasiert fauligen Algenteppich

© Philipp Demling

Das Mähen scheint Männersache zu sein. Das Beispiel Rasenmähen zeigt es. Die Herren sind es, die vorwiegend in ihren Gärten den Rasenmäher akku­rat und in parallelen Linien über ihre Grünflächen schieben. So, wie sie im Badezimmer die Klinge ihres Nass­rasierers über Backen und Kinn glei­ten lassen.

Erwin Liebel hat im Gesicht ein wenig Bart stehenlassen. Vielleicht, weil zum Erfolg beim Schneiden und Mähen auch ein gewisser Bewuchs da sein muss. Er verdient jedenfalls mit dieser Aufgabe seinen Lohn beim Staatlichen Wasserwirtschaftsamt: Liebl mäht derzeit mit einem Spezial­boot den Algenteppich, der sich auf dem Wöhrder See in Nürnberg breit­gemacht hat. Er rasiert die Plage weg - jede Stunde, jeden Tag, jede Woche. In zwei Wochen wollen er und ein Kol­lege damit fertig sein.

Zu Wasser und zu Land

Der 48-Jährige macht es sich auf dem zentralen Sitz seines Spezial­boots mit dem Namen "Truxor" bequem. Der Stuhl, auf dem Liebl thront, erinnert an den Captain Kirks im Raumschiff Enterprise. Auf beiden Armlehnen ist je ein Steuerknüppel angebracht - der eine für den metalli­schen Arm, der das schneidende Mes­ser in den See taucht. Und der andere für die Lenkung des Amphibienfahr­zeugs, das sowohl an Land als auch im Wasser vorwärtskommt.

Sobald es regnet, kann Liebl ein Ver­deck über die Kommandobrücke zie­hen und bleibt trocken. Bei Gewitter muss er aber das Ufer schleunigst erreichen - sonst droht Lebensgefahr. Der müffelnde Algenteppich bietet zudem ein ideales Milieu für Fliegen und Mücken. Das Wasserwirtschaft­samt stellt ihm und seinen Kollegen Mückensprays und gegen die Sonnen­einstrahlung Cremes mit hohem Licht­schutzfaktor zur Verfügung.

Mit einer Geschwindigkeit von ma­ximal fünf Knoten (knapp zehn Kilo­meter pro Stunde) schippert der ge­lernte Wasserbauwerker über den See und mäht Algen. Er taucht dabei das 1,50 m breite Messer höchstens 30 Zen­timeter tief ins Wasser. Ein Kollege transportiert anschließend das vom Seeboden abgeschnittene Grüngut mit dem sogenannten Schubboot zu ei­nem Lagerplatz am Ufer. „Pro Saison schneiden wir bis zu 90 Tonnen Algen am Wöhrder See.“ Das stinkende Kraut wird dann in das Kompostier­werk der Firma Veolia nach Nürn­berg- Fischbach gebracht.

Das Boot Truxor ist allerdings nur eine Leihgabe des Wasserwirtschafts­amtes in Deggendorf. In Nürnberg mähte das Amt bisher ausschließlich mit der „Mähkuh Molly“. Doch die ist für tiefere Zonen im Gewässer ge­dacht. Truxor kann bis an den seich­ten Rand des Sees fahren und den Algen den Garaus machen.

"Wir testen das Boot und überlegen, ob wir uns so ein Modell auch anschaf­fen“, so Liebls Chef, der Flussmeister Gunther Haas. Rund 70000 Euro kos­tet das Gefährt. Mit Truxor arbeitet das Wasserwirtschaftsamt derzeit mit drei Mähbooten und einem Schub­boot. Weitere Einsatzgebiete: der Alte Kanal, Pegnitz, Schwarzach, Brom­bach- und Rothsee. „Vor allem am al­ten Ludwigskanal klagen Anwohner über Mückenschwärme, dort ist die Al­genplage noch heftiger als am Wöhr­der See.“ Am Alten Kanal muss eine Strecke von 30 Kilometern von Algen befreit werden.

Geringe Strömung

Das Wasserwirt­schaftsamt wird in diesem Herbst noch min­destens 20000 Kubikmeter Schlamm aus dem See baggern, um Tiefe zu erreichen. Obwohl im vergangenen Herbst bereits einige Zehntausend Ku­bikmeter Sediment abgetragen wur­den, wuchsen heuer wieder große Men­gen an Grünalgen. Anwohner und Ge­schäftsleute haben sich beschwert.

Ein flaches Gewässer, geringe Strö­mung und viel Sonnenlicht, das sind die idealen Voraussetzungen für den lästigen Algenwuchs. Im Wöhrder See, der Pegnitz-Staustufe im Stadt­teil Wöhrd, ist die Strömung heuer äußerst gering, erklärt Klaus Winkel­mair, stellvertretender Leiter des Was­serwirtschafsamtes in Nürnberg. „Das Mittel liegt bei einer Fließge­schwindigkeit von elf Kubikmeter pro Sekunde. Hier lagen wir einige Tage lang sogar unter sechs Kubikmeter.“

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