Wöhrder See: Spezialboot rasiert fauligen Algenteppich
31.7.2014, 17:28 UhrDas Mähen scheint Männersache zu sein. Das Beispiel Rasenmähen zeigt es. Die Herren sind es, die vorwiegend in ihren Gärten den Rasenmäher akkurat und in parallelen Linien über ihre Grünflächen schieben. So, wie sie im Badezimmer die Klinge ihres Nassrasierers über Backen und Kinn gleiten lassen.
Erwin Liebel hat im Gesicht ein wenig Bart stehenlassen. Vielleicht, weil zum Erfolg beim Schneiden und Mähen auch ein gewisser Bewuchs da sein muss. Er verdient jedenfalls mit dieser Aufgabe seinen Lohn beim Staatlichen Wasserwirtschaftsamt: Liebl mäht derzeit mit einem Spezialboot den Algenteppich, der sich auf dem Wöhrder See in Nürnberg breitgemacht hat. Er rasiert die Plage weg - jede Stunde, jeden Tag, jede Woche. In zwei Wochen wollen er und ein Kollege damit fertig sein.
Zu Wasser und zu Land
Der 48-Jährige macht es sich auf dem zentralen Sitz seines Spezialboots mit dem Namen "Truxor" bequem. Der Stuhl, auf dem Liebl thront, erinnert an den Captain Kirks im Raumschiff Enterprise. Auf beiden Armlehnen ist je ein Steuerknüppel angebracht - der eine für den metallischen Arm, der das schneidende Messer in den See taucht. Und der andere für die Lenkung des Amphibienfahrzeugs, das sowohl an Land als auch im Wasser vorwärtskommt.
Sobald es regnet, kann Liebl ein Verdeck über die Kommandobrücke ziehen und bleibt trocken. Bei Gewitter muss er aber das Ufer schleunigst erreichen - sonst droht Lebensgefahr. Der müffelnde Algenteppich bietet zudem ein ideales Milieu für Fliegen und Mücken. Das Wasserwirtschaftsamt stellt ihm und seinen Kollegen Mückensprays und gegen die Sonneneinstrahlung Cremes mit hohem Lichtschutzfaktor zur Verfügung.
Mit einer Geschwindigkeit von maximal fünf Knoten (knapp zehn Kilometer pro Stunde) schippert der gelernte Wasserbauwerker über den See und mäht Algen. Er taucht dabei das 1,50 m breite Messer höchstens 30 Zentimeter tief ins Wasser. Ein Kollege transportiert anschließend das vom Seeboden abgeschnittene Grüngut mit dem sogenannten Schubboot zu einem Lagerplatz am Ufer. „Pro Saison schneiden wir bis zu 90 Tonnen Algen am Wöhrder See.“ Das stinkende Kraut wird dann in das Kompostierwerk der Firma Veolia nach Nürnberg- Fischbach gebracht.
Das Boot Truxor ist allerdings nur eine Leihgabe des Wasserwirtschaftsamtes in Deggendorf. In Nürnberg mähte das Amt bisher ausschließlich mit der „Mähkuh Molly“. Doch die ist für tiefere Zonen im Gewässer gedacht. Truxor kann bis an den seichten Rand des Sees fahren und den Algen den Garaus machen.
"Wir testen das Boot und überlegen, ob wir uns so ein Modell auch anschaffen“, so Liebls Chef, der Flussmeister Gunther Haas. Rund 70000 Euro kostet das Gefährt. Mit Truxor arbeitet das Wasserwirtschaftsamt derzeit mit drei Mähbooten und einem Schubboot. Weitere Einsatzgebiete: der Alte Kanal, Pegnitz, Schwarzach, Brombach- und Rothsee. „Vor allem am alten Ludwigskanal klagen Anwohner über Mückenschwärme, dort ist die Algenplage noch heftiger als am Wöhrder See.“ Am Alten Kanal muss eine Strecke von 30 Kilometern von Algen befreit werden.
Geringe Strömung
Das Wasserwirtschaftsamt wird in diesem Herbst noch mindestens 20000 Kubikmeter Schlamm aus dem See baggern, um Tiefe zu erreichen. Obwohl im vergangenen Herbst bereits einige Zehntausend Kubikmeter Sediment abgetragen wurden, wuchsen heuer wieder große Mengen an Grünalgen. Anwohner und Geschäftsleute haben sich beschwert.
Ein flaches Gewässer, geringe Strömung und viel Sonnenlicht, das sind die idealen Voraussetzungen für den lästigen Algenwuchs. Im Wöhrder See, der Pegnitz-Staustufe im Stadtteil Wöhrd, ist die Strömung heuer äußerst gering, erklärt Klaus Winkelmair, stellvertretender Leiter des Wasserwirtschafsamtes in Nürnberg. „Das Mittel liegt bei einer Fließgeschwindigkeit von elf Kubikmeter pro Sekunde. Hier lagen wir einige Tage lang sogar unter sechs Kubikmeter.“
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