Zahl der Obdachlosen in Nürnberg steigt stark

13.7.2018, 05:45 Uhr
Die steigenden Zahlen der Obdachlosen zu bewältigen, wird in den nächsten Monaten nicht einfach werden. Zu viele Bedürftige konkurrieren um zu wenig Raum.

© Günter Distler Die steigenden Zahlen der Obdachlosen zu bewältigen, wird in den nächsten Monaten nicht einfach werden. Zu viele Bedürftige konkurrieren um zu wenig Raum.

2020 Menschen gelten in der Stadt aktuell als obdachlos. Das sind 30 Prozent mehr als noch 2014 - und die Kurve deutet weiter nach oben. Mit dem schnellen Anstieg liegt Nürnberg im Trend der deutschen Großstädte. Für die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) sind die Ursachen klar: Verarmung und zu wenig Sozialwohnungen.

Dieter Maly, Leiter des Nürnberger Sozialamts, bestätigte dies im Sozialausschuss des Stadtrats, wo er am Donnerstag eine Lagebeschreibung abgab. "Die Zahlen hängen direkt mit dem Wohnungsmarkt zusammen." Mit Landflucht und ausländischer Zuwanderung lasse sich der Anstieg nicht erklären. Es seien mehrheitlich keine Neu-Nürnberger betroffen. Zwar sei die Stadt "nicht schlecht aufgestellt" in der Obdachlosenhilfe, "aber die steigenden Zahlen zu bewältigen, wird in den nächsten Monaten nicht einfach werden." Zu viele bedürftige Gruppen konkurrieren um zu wenig Raum.

An einzelnen Tagen konnte das Sozialamt bereits Interessenten nur noch in die Notschlafstellen schicken, weil alle Pensionsplätze belegt waren. Dennoch gelte weiter der Grundsatz: "Es muss niemand auf der Straße übernachten", sagte Maly. Der Kreis von etwa 50 Menschen, die selbst entschieden im Freien schlafen, bleibe stabil. Für alle anderen baut die Sozialverwaltung ihren Bestand an Unterkünften laufend aus.

Nürnberger Frauenhaus überlastet

Zu den Leidtragenden der Wohnungsnot zählen auch die Frauenhäuser. Sie brauchen immer länger, um misshandelten Frauen am Ende ihres Aufenthalts zum selbstständigen Wohnen zu verhelfen. "Damit werden dringend notwendige Plätze blockiert", sagte Maly. Das Nürnberger Frauenhaus habe im vergangenen Jahr 276 Frauen mit 202 Kindern absagen müssen; es konnte nur 117 Frauen mit 127 Kindern aufnehmen, schilderte SPD-Stadträtin Gabriele Penzkofer-Röhrl, die ehemalige Geschäftsführerin der Hilfseinrichtung. Noch dazu gab es ein Drittel mehr Anfragen als im Vorjahr. Vier Langzeitbewohnerinnen seien gezwungenermaßen in Obdachlosenpensionen gezogen, weil sie ihre Höchstaufenthaltsdauer überschritten hatten. Ähnliches gelte für das Haus Hagar der Caritas.

Sozialamtsleiter Maly sieht wenig Möglichkeiten, die Vermittlung zu verbessern. Frauenhaus-Bewohnerinnen genössen bereits oberste Priorität in den Wartelisten; viele informelle Kontakte würden genutzt. Der größte Teil hat auf dem freien Markt keine Chance, weil er Sozialleistungen bezieht. Penzkofer-Röhrl richtete daher einen Appell an private Eigentümer, an sozial Benachteiligte zu vermieten. "Es sind Frauen wie du und ich." Gleichzeitig forderte sie das Land Bayern zum Ausbau der Frauenhausplätze auf.

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